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Thermodynamik: Gaskühlung durch Laserbeschuss gelungen

Physiker der Universität Bonn konnten nun beweisen, dass sich Gase tatsächlich durch Laserbeschuss effektiv abkühlen lassen. Drei Jahrzehnte war diese Möglichkeit theoretisch bekannt, doch gelang bislang nicht die praktische Umsetzung.

Ulrich Vogl und Martin Weitz vom Institut für Angewandte Physik nutzten in ihrem Experiment, dass sich Atome durch Licht anregen lassen. Bei diesem Vorgang wechselt ein Elektron von seiner Umlaufbahn um den Atomkern auf eine weiter entfernte Bahn. Das gelingt aber nur, wenn das eingestrahlte Licht die passende Farbe – und damit Energie – hat: Rotes Licht ist energieärmer als blaues, daher reicht der Impuls, den ein roter Laser dem Elektron versetzt, eventuell nicht aus, um es auf die höhere Bahn zu heben.

Atome in einem Gas kollidieren aber auch regelmäßig miteinander – je höher der Gasdruck, desto häufiger. Dabei verformen sich die Elektronenbahnen der Teilchen, weshalb man zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes weniger Energie als normal benötigt, um das Elektron auf eine höhere Bahn zu befördern. Nach dem Zusammenstoß normalisieren sich die Elektronenbahnen wieder. Um dann auf der hohen Bahn zu bleiben, muss das Elektron die fehlende Energie von anderer Stelle beziehen: aus der Bewegungsenergie des Atoms, das sich dadurch verlangsamt. Die fallende Geschwindigkeit bedingt dann sinkende Temperaturen: Je langsamer sich die Moleküle in einem Gas bewegen, desto kälter ist es. Durch den Laserbeschuss lässt sich das Gas also abkühlen.

Dies hatten bereits 1978 Forscher aus New York und Helsinki vorgeschlagen; ihre Idee bezog sich allerdings auf Gase mit nicht besonders hohem Druck, und die so durchgeführten Experimente waren nicht erfolgreich. Die Bonner Forscher haben nun jedoch eine Mischung aus Argongas mit Spuren von Rubidium auf 350 Grad Celsius erhitzt und auf einen Druck von 230 Bar gebracht – Bedingungen unter denen sie das Rubidium mit einem Laser anregen konnten, dessen Energie dazu normalerweise nicht ausgereicht hätte, so Weitz. Mit Erfolg: Innerhalb weniger Sekunden kühlte sich die Gasmischung um fast 70 Grad Celsius ab.

Damit haben die Bonner Forscher bewiesen, dass die Laserkühlung unter Druck überhaupt funktioniert. Zukünftig soll das Ganze auch bei Gasen unter Raumtemperatur ablaufen und diese bis zu Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts abgekühlt werden. Dies lässt sich bislang nur nur bei extrem niedrigen Drücken bewerkstelligen – das in Bonn verwendete Gasgemisch war dagegen zehn Milliarden Mal dichter. Die neue Methode erlaube zudem viel höhere Kühlleistungen, meint Weitz. Möglicherweise ließen sich damit beispielsweise neuartige Minikühlschränke konzipieren.

Die hohe Kühlleistung macht das Verfahren ebenso für Materialforscher interessant: Sie erlaubt es, Gase in neue, bislang unerforschte Zustandsformen zu bringen, denn durch die schnelle Abkühlung bleiben sie möglicherweise noch bei Temperaturen gasförmig, bei denen sie sonst bereits flüssig oder sogar fest wären. Ähnliche Effekte kennt man von Wasser, das man bis auf minus 42 Grad Celsius herunterkühlen kann, ohne dass es gefriert. (dl)

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  • Quellen
Vogl, U., Weitz, M.: Laser cooling by collisional redistribution of radiation. In: Nature 10.1038/nature08203, 2009.

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