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News: Gebremste Jets

Zuweilen schickt die Akkretionsscheibe eines Schwarzen Lochs Strahlen hochenergetischer Teilchen ins All hinaus. Nun konnten Astronomen zum ersten Mal beobachten, wie diese Jets langsamer werden und verblassen.
Gebremste Jets
Weit draußen im All, 17 000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Norma, ziehen die Partner des Doppelsystem XTE J1550-564 ihre Runden. Das ungleiche Paar besteht aus einem aktiven Stern und einem, der schon längst sein Leben ausgehaucht hat und nun als Schwarzes Loch seinem Partner die Materie entreißt.

Während die Gase dem Schlund entgegenströmen, heizen sie sich auf Temperaturen von Millionen Grad Celsius auf und sammeln sich in einer rotierenden Akkretionsscheibe um den kosmischen Vielfraß. Infolge der Scheibenrotation kann sich dabei zuweilen eine besondere Magnetfeldkonfiguration ausbilden, die schließlich hochenergetische Teilchen von der Scheibe hinaus ins All schleudert – zwei so genannte Jets bilden sich, die sich in entgegengesetzte Richtungen, senkrecht zur Akkretionsscheibe, weg bewegen.

Dergleichen ist offenbar auch im September 1998 passiert, denn der Satellit Rossi X-ray Timing Explorer (RXTE) detektierte einen heftigen Röntgenausbruch von XTE J1550-564. Dass es sich jedoch tatsächlich um Jets handelte, erkannten die Astronomen um Stephane Corbel von der University of Paris VII erst, als sie im Januar dieses Jahres mit dem Australia Telescope Compact Array in der Nähe des Doppelsystems eine Radioquelle ausmachen konnten, von der ein Zipfel in Richtung von XTE J1550-564 wies. Nun wollten es die Forscher genau wissen und durchforsteten deshalb die Archive des Röntgensatelliten Chandra auf ähnliche Strahlungsquellen entlang der mutmaßlichen Richtung der Jets.

Tatsächlich wurden die Forscher fündig: Dreimal im Jahr 2000 ließ sich ein entsprechender Fleck in den Aufnahmen erkennen, der offenbar zu dem zweiten Jet gehört. Auch zwei weitere Bilder, die Chandra im Sommer dieses Jahres schoss, zeigten die Röntgenquelle – wenngleich mittlerweile deutlich blasser als vor zwei Jahren. Und noch etwas stellten die Astronomen fest: Offenbar bewegen sich die Jets mittlerweile deutlich langsamer als zu Beginn ihrer mittlerweile vier Jahre andauernden Reise, während der sie mittlerweile jeweils eine Entfernung von gut drei Lichtjahren zurückgelegt haben.

"Zu beobachten, wie diese Jets langsamer werden und verschwinden, ist wie ein Zeitraffer-Film vom Anfang bis zum Ende des Bronzezeitalters", erklärt Corbel. "Da diese Jets von einem stellaren Schwarzen Loch in unserer Galaxie kommen, konnten wir in nur ein paar Jahren Entwicklungen beobachten, die bei einem superschweren Schwarzen Loch in einer entfernten Galaxie tausende von Jahren andauern würden."

Doch etwas war seltsam an den Jets: So deuten die Beobachtungen darauf hin, dass der östliche Jet sich auf einer Bahn bewegt, die leicht in Richtung Erde gekippt ist. Denn dieser Jet hat sich scheinbar deutlich weiter von XTE J1550-564 entfernt als sein Bruder zur anderen Seite. Zu dieser Erklärung will allerdings nicht so richtig passen, dass der westliche Ausläufer viel heller erscheint als der östliche. Denn da er sich von uns aus gesehen nach hinten in den Raum bewegt, sollte er eigentlich dunkler wirken.

"Das ist ein Rätsel. Das einfache Modell für Jets erklärt nicht, was wir hier sehen", wundert sich Phil Kaaret vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge. "Entweder hat das Schwarze Loch dem westlichen Jet mehr Energie verpasst, oder er ist auf eine dichte Wolke gestoßen." Denn wenn ein Jet durch eine Wolke interstellaren Gases pflügt, bremst ihn der Widerstand des Gases ab – ganz so wie es auch der Luftwiderstand auf der Erde tut – und es entsteht beim Aufprall eine Schockwelle, die den Elektronen im Jet zusätzliche Energie zuführen könnte und so das hellere Glühen verursacht. Die kometenartige Form des westlichen Jets zeigt jedenfalls, dass er tatsächlich in interstellares Gas eintaucht.

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