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Hirnforschung: Gedanken sind stärker als Sinneseindrücke

Die Vorstellungskraft siegt
Es ist schon länger möglich, beispielsweise einen Cursor auf dem Computerbildschirm durch die Kraft der Gedanken zu lenken; dazu werden die Gehirnströme gemessen und in Steuerbefehle umgesetzt. Forscher um Christof Koch vom California Institute of Technology in Pasadena fanden nun heraus, dass Menschen sogar die Aktivität einzelner Neuronen gezielt beeinflussen können, und das in einer Gehirnregion, von der man bisher annahm, sie sei der bewussten Kontrolle entzogen: dem medialen Temporallappen, der als Sitz des Gedächtnisses gilt.

Die Vorstellungskraft siegt | Die Versuchspersonen sollten das obere Bild in das untere verwandeln, indem sie an Marilyn Monroe dachten und so ein Neuron aktivierten, das besonders stark auf ihr Foto anspricht. Das gelang den Probanden selbst dann, wenn anfangs nur der männliche Schauspieler zu sehen war.
Die Hirnforscher präsentierten Versuchspersonen Bilder, um festzustellen, welche Gehirnzellen wann feuerten. Dabei identifizierten sie schließlich vier einzelne Neuronen, die bei je einem von vier Fotos besonders stark ansprachen. Die Probanden konnten dann das entsprechende Bild auf einem Monitor erscheinen lassen, indem sie intensiv daran dachten und dadurch die zugehörige Gehirnzelle aktivierten. Aber was würde geschehen, wenn die Augen einen Sinnesreiz ans Gehirn lieferten, der im Widerspruch zur inneren Vorstellung stand? Welches Neuron würde dann bevorzugt feuern – das für das Foto, das die Versuchsperson tatsächlich sah, oder für das andere, das sie vor ihrem geistigen Auge hatte?

Um das zu untersuchen, zeigten die Forscher eine Überlagerung aus zwei Aufnahmen. Die Versuchspersonen sollten dann das "Zielbild" deutlich erscheinen lassen und das andere verdrängen. In der Tat gelang ihnen das in 70 Prozent der Fälle innerhalb von zehn Sekunden. Selbst wenn das "falsche" Bild klar dominierte, schafften sie es oft, das gewünschte zurückzuholen. Die innere Vorstellung beeinflusste die neuronale Aktivität also stärker als der äußere Sinneseindruck.

Manuela Kuhar

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