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Mikroskopie: Gefühltes Sehen ist genauer

Da kann man schon neidisch werden! Während Festkörperphysiker und Materialwissenschaftler ihre Proben mit atomaren Auflösungen betrachten können, hadern die Biologen weiterhin an der Grenze zwischen Zellkörperchen und Molekülen. Vielleicht hilft ihnen die Kombination zweier raffinierter Hightech-Methoden weiter.
Die Steine im Baukasten des Lebens sind klein. Äußerst klein. Das – und die enorme Komplexität der Objekte – macht die molekulare Biologie so schwierig. Messen ganze Zellen noch Hunderte von Mikrometern, begnügen sich ihre Organellen bereits mit wenigen Mikrometern, und unter Molekülen zählt schon fast als Riese, wer gerade einmal zehn Nanometer aufweisen kann. Welch Wunder also, dass die Biologie seit Erfindung des Mikroskops einer der dankbarsten Wissenschaftszweige für vergrößernde Instrumente aller Art war. Denn erst, was der Mensch gesehen hat, daran glaubt er so richtig. Daran hat auch die Entdeckung der Radiowellen, der Röntgenstrahlung und der Radioaktivität kaum etwas geändert.

Leider hat das Sehen seine Grenzen. Dinge, die kleiner als rund die Hälfte der Wellenlänge des Lichts sind, kann ein Lichtmikroskop nicht mehr auflösen – unterhalb von 100 Nanometern liegt also das Unbekannte. Folglich weichen Forscher auf andere Methoden aus, die jedoch alle nicht so ganz zu den biologischen Strukturen passen wollen. Für Bilder mit dem Elektronenmikroskop muss das Objekt einer harschen Prozedur zum Fixieren unterzogen werden, und die modernen Tunnelmikroskope, die immerhin atomare Auflösungen erreichen, bilden nur elektrisch leitende Objekte ab. Die Arbeitsgruppe von Yasushi Inouye und Satoshi Kawata von der Universität Osaka vermeldet nun, dass sie einen weiteren Weg in die Welt der Moleküle gefunden hat. Statt pauschal alles zu vergrößern, vermessen sie gezielt die Schwingungseigenschaften mit hoher räumlicher Auflösung.

DNA | DNA-Moleküle aufgenommen mit einer neuen optischen Mikroskopie-Technik
Für ihre neue Methode kombinieren die Forscher zwei bislang einzeln genutzte Verfahren. Bei der so genannten Spitzenverstärkung nutzen sie den Effekt, dass die Elektronen einer dünnen Metallspitze, die knapp über einer Oberfläche schwebt, im Licht das elektromagnetische Feld des Lichts verstärken. Dadurch entsteht ein winziger Schein, der eine Fläche von weniger als der halben Wellenlänge des Lichts auf der Oberfläche beleuchtet. Dieser Umstand sorgt somit für eine hohe räumliche Auflösung. Die Spezifität für bestimmte Moleküle bringt das zusätzliche Abtasten der Schwingungseigenschaften. Jede Verbindung vibriert besonders gut mit ihrer eigenen Resonanzfrequenz. Mit einer Kombination von zwei unterschiedlichen Laserstrahlen kann man gezielt einzelne Frequenzen abfragen und nur die dazu passenden Moleküle zum Schwingen anregen. Schließlich strahlt das Molekül Photonen ab, die ein wenig kurzwelliger sind als das anregende Licht und daher als anti-Stokes-Photonen bezeichnet werden.

Die japanischen Forscher hefteten für ihre Experimente DNA-Fäden an eine Glasoberfläche und fuhren diese Probe unter einer versilberten Siliziumspitze hin und her. Gleichzeitig sorgte Licht- und Lasereinstrahlung dafür, dass die beiden beschriebenen Effekte auftraten. Detektoren zeichneten die anti-Stokes-Photonen auf, die nur dort auftraten, wo die Spitze sich über einem vibrierenden Stück DNA befand. Immerhin 15 Nanometer Auflösung wies das Zeile für Zeile entstehende Bild zum Schluss auf – genug, um einzelne DNA-Bündel zu erkennen.

Der Anfang wäre gemacht. Nun müssen die Wissenschaftler überlegen, in welche Richtung sie ihr Mikroskop weiterentwickeln wollen. Denkbar wäre eine noch bessere Auflösung, die durch fein modulierte Laser nur bestimmte Teile von Molekülen anregt. Oder sie erweitern das Einsatzspektrum, indem sie den komplizierten Aufbau an den Alltag in biologischen Laboratorien anpassen. Jedenfalls könnte das Instrument für ganz Kleines eine große Zukunft in der Forschung vor sich haben.

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