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CRISPR-Cas: Gegen manche Viren ist die Genschere machtlos

Um Viren abzuwehren, greifen Bakterien zur Genschere CRISPR-Cas. Manche Eindringlinge lassen sich davon aber nicht kleinkriegen. Sie errichten Barrikaden.
Immunabwehr

Das Immunsystem von Bakterien ist raffiniert: Es erkennt fremdes Erbgut und zerstückelt es mit Hilfe von Genscheren, bevor es schadet. Meistens zumindest. Denn im Fall mancher Jumbo-Phagen funktionieren die Werkzeuge nicht. Viren scheinen inmitten der Bakterienzelle, die sie befallen, einen Schutzwall um sich zu errichten, wie ein Team um den Mikrobiologen Joseph Bondy-Denomy von der University of California in San Francisco beobachtet hat. Der Wall bestehe aus Proteinen und schütze das Erbgut der Phagen vor CRISPR-Cas-Systemen, schreibt das Forscherteam im Fachjournal »Nature«.

CRISPR-Cas9 ist das erste Immunsystem-Werkzeug dieser Art, das Wissenschaftler entdeckt haben. Mittlerweile weiß man: Unterschiedliche Bakterienstämme verfügen über verschiedene Systeme, so gibt es etwa auch CRISPR-Cas3, -5, -7 und -8. Das grobe Prinzip: Bakterien bauen kurze DNA-Abschnitte eines Erregers in sich wiederholende Bereiche ihres eigenen Erbguts ein*. Davon leitet sich auch der Name ab: CRISPR steht für »clustered regularly interspaced short palindromic repeats«. Wird die Zelle erneut infiziert, liest sie diese Abschnitte ab. Die entstehende RNA bindet an das Cas-Enzym und bringt es zur entsprechenden Stelle im Virusgenom. Das Enzym wiederum zerschneidet die DNA und macht den Erreger damit unschädlich.

Doch eben nicht immer. Bereits vor etwa sechs Jahren war den Forscherinnen und Forschern aus San Francisco aufgefallen, dass bestimmte Genscheren manchen Phagen nichts anhaben können. Um herauszufinden, ob es Phagen gibt, die gegen mehrere Genscheren resistent sind, konstruierten die Forscher einen Bakterienstamm, der über vier verschiedene Cas-Proteine verfügte. Anschließend ließen sie zahlreiche verschiedene Phagen auf diese Bakterien los und gaben die entsprechenden RNAs hinzu. Das Ergebnis: Zwar scheiterten die meisten an den Bakterien, doch zwei Phagen hielten allen Genscheren stand, Phi KZ und Phi PA3.

Warum, galt es als Nächstes herauszufinden. Zuerst suchte das Team im Erbgut der Phagen nach einer Erklärung. Doch obwohl das Erbgut dieser Jumbo-Phagen vier- bis zehnmal größer ist als das der meisten anderen Phagenstämme, fanden die Forscher darin keine speziellen Anti-CRISPR-Gene. Der Blick durch ein Fluoreszenzmikroskop lieferte schließlich die Antwort: Die Phagen können sich gewissermaßen abkapseln, indem sie ihr Erbgut und bestimmte Proteine in einer Art Schutzraum verstauen. In diesen konnten weder die Cas-Proteine noch andere DNA schneidende Enzyme eindringen.

Wie sinnvoll der Schutz ist, zeigten Experimente mit der nackten Phagen-DNA. Die nämlich ist durchaus empfindlich gegenüber den Schneidesystemen. Als die Forscher eine Kombination aus einem Phagenprotein und einem Restriktionsenzym in die Bakterienzelle schmuggelten, nahmen die Phagen das Doppel-Protein in ihren Schutzraum auf und wurden prompt zerschnitten.

Dies zeige, dass der Protein-Schutzwall der Phagen nicht völlig undurchlässig ist, schreibt das Forscherteam. Weil sich Bakterien und Phagen in einem ständigen Wettrüsten befinden, sind die Wissenschaftler überzeugt, dass es durchaus Bakterien geben kann, die in der Lage sind, den Schutzraum von Jumbo-Phagen zu durchdringen. Oder schon bald geben wird.

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es: »Bakterien bauen kurze, sich wiederholende DNA-Abschnitte eines Erregers in ihr eigenes Erbgut ein«. Wir haben dies nun präzisiert.

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