Kopfverletzungen: Gehirnerschütterungen haben lang anhaltende Folgen

Eine Gehirnerschütterung kann dauerhafte Folgen für das Zentralnervensystem haben, die mindestens ein Jahr lang nachweisbar sind – und möglicherweise noch deutlich darüber hinaus. Das berichten Fachleute um den Mediziner Nathan Churchill vom St. Michaels Hospital im kanadischen Toronto. Laut Churchill gibt es immer mehr Belege dafür, dass es nach einer Gehirnerschütterung monate- bis jahrelang dauern kann, bis sich das Organ erholt hat. Selbst wenn typische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Gedächtnis- und Gleichgewichtsstörungen wieder verschwunden seien, blieben Folgeerscheinungen im Hirngewebe sichtbar.
Churchill und sein Team beobachteten 187 Personen, die verschiedene Ball- und Mannschaftssportarten betrieben, über viele Monate hinweg. Zu Beginn einer Spielsaison absolvierten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Test, der ihren Gleichgewichtssinn, ihr Denkvermögen und ihr Gedächtnis prüfte. Außerdem unterzogen sie sich einer Magnetresonanztomografie (MRT), die Bilder des Hirngewebes liefert.
25 Personen erlitten während des Beobachtungszeitraums eine Gehirnerschütterung. Bei diesen führten die Fachleute weitere MRT-Untersuchungen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Verletzung durch. Sportler, die sich keine Kopfverletzung einfingen, erhielten erst in der Folgesaison neue MRT-Scans. Dadurch ließen sich die Bilder einzelner Personen vor und nach einer Gehirnerschütterung miteinander vergleichen, aber auch MRT-Aufnahmen verletzter und nicht verletzter Sportler einander gegenüberstellen.
Bei Personen mit Gehirnerschütterung waren noch ein Jahr nach der Rückkehr in den Sportbetrieb verletzungsbedingte Veränderungen im MRT erkennbar. Dazu gehörte eine verminderte Durchblutung: Der zerebrale Blutfluss in vorderen Bereichen der Großhirnrinde zeigte sich um bis zu elf Milliliter pro 100 Gramm pro Minute vermindert, verglichen mit gesunden Sportlern. Die betroffenen Hirnstrukturen beteiligen sich an der Kontrolle des Denkens, der Gedächtnisfunktionen, der Emotionen und des Sozialverhaltens. Auch die Beweglichkeit der Wassermoleküle im Hirngewebe, die sich per MRT messen lässt, war bei Teilnehmern mit Hirnerschütterung reduziert.
Solche lang anhaltenden Hirnveränderungen werfen laut Churchill die Frage auf, wie sich wiederholte Gehirnerschütterungen auswirken und ob sich ihre Folgeeffekte summieren. Es seien weitere Untersuchungen mit größeren Teilnehmergruppen erforderlich, um das zu klären. Ein Nachteil der jetzt abgeschlossenen Studie sei gewesen, dass sie nur junge Sportler mit Gehirnerschütterung eingeschlossen habe. Künftige Forschungsarbeiten sollten deshalb auch Nichtsportler sowie ältere Menschen einbeziehen.
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