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News: Gelenke für die Ewigkeit?

Künstliche Gelenke halten leider nicht ewig. Bereits nach zehn Jahren müssen Patienten mit einer Oberschenkelhals-Prothese mit einer weiteren Operation rechnen, weil das eingesetzte Material verschlissen ist. Nun haben Materialforscher eine Komposit-Keramik entwickelt, die eine bedeutend längere Haltbarkeit verspricht.
"Berücksichtigt man das zunehmende Alter der Bevölkerung und den wachsenden Bedarf für eine orthopädische Versorgung jüngerer Patienten, so benötigt man Implantate mit einer Lebensdauer von 30 Jahren", sagt Material-Forscher Jerome Chevalier vom Institut National des Sciences Applicées in Lyon. Heutige Gelenk-Prothesen halten jedoch meist nicht länger als etwa zehn Jahre und müssen dann ausgewechselt werden – eine erneute Operation ist die Folge. Chevalier suchte zusammen mit seinen Kollegen ein neues Material, das die bisherige Haltbarkeit weit übersteiget und vielleicht sogar für die Konstruktion von künstlichen Kniegelenken geeignet ist.

Das Team kombinierte zwei Keramiken, die einzeln oft für die Herstellung von Hüftgelenks-Prothesen eingesetzt werden: Aluminiumoxid und Zirkonoxid. Dadurch entsteht ein Kompositmaterial, das stabiler als die Ausgangsstoffe ist. Die harten keramischen Materialien nutzen sich nicht ab, so dass sich beim Verschleiß kein Abrieb bilden kann, der mit der Körperflüssigkeit reagieren und Probleme verursachen könnte. (Advanced Materials vom Dezember 2000).

Ein Nachteil von Keramik ist jedoch ihre relativ hohe Brüchigkeit. Selbst kleine Sprünge an der Oberfläche können sich auf Dauer zu schwereren Materialfehlern entwickeln und schließlich einen Austausch des Implantates nötig machen. Daher müssen die Wissenschaftler erkennen, bei welcher Belastung ein Sprung beginnt sich zu vergrößern. Je höher dieser Belastungsgrenzwert liegt, desto besser ist das Material zu Herstellung von küstlichen Gelenken geeignet.

Die neue Komposit-Keramik hat eine viel höhere Belastungsgrenze als ihre Ausgangsstoffe – die Werte sind für Aluminiumoxid um 35 Prozent und für Zirkonoxid um 60 Prozent besser. Nach Ansicht der Forscher hält das Komposit-Material eine doppelt so hohen Belastung aus wie die Ausgangsmaterialien.

Das neue Material verspricht nach seinen Labortests zwar viel, aber allein der Einsatz im menschlichen Körper ist der entscheidende Test für geeignete Implantate, warnt David Huskins, von der University of Aberdeen. So sind viele andere Materialien und Designs zurückgenommen worden, da sie sich nach einem Einsatz bei Patienten als untauglich erwiesen haben, obwohl die Labortests vorher positiv verlaufen waren. Normalerweise dauert es 20 Jahre bis sicher ist, ob ein Material zu Verwendung für Implantate geeignet ist. Auch das Forschungsteam aus Lyon gibt zu, dass das neue Material noch in Struktur und Einsatzmöglichkeiten verbessert werden müsse. Dennoch sind die Wissenschaftler überzeugt: "Es wird möglich sein, die Lebensdauer von Oberschenkelhals-Prothesen zu verlängern und damit vielen Patienten bessere Lebensbedingungen zu verschaffen."

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