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Es liegt auf der Hand, dass es deutlich einfacher ist, einen einzigen Wasserkasten statt derer zwei über den Boden zu schieben. Doch auf molekularer Ebene kann das ganz anders sein.
Wasserstoffmoleküle
Ein Menge Zeit, Arbeit und Geld fließen in die Erforschung wasserfester Materialien. So möchten Wissenschaftler verhindern, dass Oberflächen beflecken, Stoffe schimmeln oder Metalle rosten. Doch was passiert eigentlich mit Wasser, wenn es auf einer Oberfläche haftet?

Toshi Mitsui und seine Kollegen von der University of California in Berkeley haben einen genauen Blick auf die Adsorption von Wassermolekülen geworfen. Dazu bedienten sich die Forscher des Rastertunnelmikroskops, eines Oberflächen abbildenden Messinstruments, das mit einer feinen Spitze die Probe "abtastet". Dabei schwebt die Metallspitze des Mikroskops gerade mal einen knappen Nanometer oberhalb der Oberfläche, sodass zwischen Spitze und Probe ein kleiner Tunnelstrom fließen kann. Dieser ist ein Maß für die Höhe der Probenstruktur, denn je kleiner der Luftspalt, desto größer der Stromfluss.

Mit einem solchen Rastertunnelmikroskop beobachteten die Forscher nun einzelne Wassermoleküle. Damit das gelang, musste sich die gesamte Apparatur im Ultrahochvakuum befinden. Denn schon kleinste Verunreinigungen aus der Luft hätten den empfindlichen Versuch gestört. Aber auch das reichte noch nicht, denn bei normalen Temperaturen würden sich etwaige Wassermoleküle, die sich auf der Oberfläche abscheiden, viel zu schnell bewegen, als dass sie sich mit dem Mikroskop beobachten ließen. Da die Sondenspitze jedes Mal über die komplette Oberfläche rastern muss, dauert es einige Sekunden bis deren Abbild auf dem Monitor entsteht.

Damit die Forscher trotzdem Filme der Molekülbewegung drehen konnten, musste die Wanderschaft der Wassermoleküle entsprechend langsam sein. Dies gelang den Wissenschaftlern, indem sie die Palladium-Oberfläche auf gerade mal 40 Kelvin abkühlten. Bei dieser Temperatur, die über 200 Grad Celsius unterhalb des Gefrierpunkts von Wasser liegt, schleichen die einzelnen Moleküle förmlich über die Oberfläche und lassen sich leicht verfolgen.

Dabei bemerkten die Forscher Überraschendes bei der Bildung von Dimeren – dem Zusammenschluss zweier Moleküle: "Die Geschwindigkeit, mit der sich die Moleküle bewegten, erhöhte sich um vier Größenordnungen", erzählt Miquel Salmeron aus dem Team. Mehr noch: "Die Mobilität von Trimeren und Tetrameren war auch sehr hoch im Vergleich zu isolierten Molekülen."

Dieses Verhalten steht eigentlich völlig im Gegensatz zur bisherigen Vorstellung von derartigen Diffusionsprozessen. Doch die Forscher haben schon eine Idee, wo der Geschwindigkeitszuwachs herrührt: So passt die geometrische Struktur von Clustern aus zwei bis vier Molekülen nicht sonderlich gut zur Unterlage des Palladium-Einkristalls. Das heißt, die Wassermoleküle sind nicht mehr so stark an das Substrat gebunden und können sich demzufolge leichter als ein isoliertes Molekül bewegen. Ab fünf Molekülen wiegt jedoch die gemeinsame Stärke der Wasser-Substrat-Bindungen stärker als dieser geometrisch bedingte Vorteil, sodass der Cluster Geschwindigkeit einbüßt und teilweise ganz fest sitzt.

Cluster aus sechs Molekülen bilden schließlich sehr stabile Hexamere – ringförmige Strukturen, die sich wie Bienenwaben über das Substrat erstrecken. Und auch diese hexagonale Bienenwabe der Wassermoleküle passt nicht genau auf das Palladium-Kristallgitter, weshalb die Struktur nur bis zu einer bestimmten Größe anwächst, sodass Wasserinseln auf der Oberfläche entstehen. "Kommen zusätzliche Wassermoleküle hinzu, dann stapeln sich diese auf den Inseln", erklärt Salmeron. Leichtes Erhitzen lässt sie jedoch aufbrechen und Muster bilden, die wie nanometergroße Schneeflocken aussehen.

"Viele grundlegende Fragen zur Adsorption des Wassers und zur Entwicklung von Inseln und Schichten aus einzelnen Molekülen sind noch unbeantwortet." Mitsumi und seine Kollegen konnten offensichtlich dazu beitragen, ein paar dieser Fragen zu beantworten.

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