»World Happiness Report 2025«: Gemeinsam isst man besser

In vielen Kulturen gelten gemeinsame Mahlzeiten als sehr wichtig, vom jüdischen Schabbatmahl bis zum Fastenbrechen im Ramadan. Die Verbindung zwischen Essen und Beziehungen ist uralt. Das englische Wort »companion« (Gefährte), das französische »copain« (Freund) und das italienische »compagno« (Kumpel) stammen alle von den lateinischen Begriffen »cum« und »panis« – »mit« und »Brot«. Der chinesische Begriff für Begleiter (伙伴) stammt von einem ähnlichen Begriff (火伴) ab, der wörtlich übersetzt »Feuerkamerad« bedeutet, eine Anspielung auf das gemeinsame Essen am Lagerfeuer.
Aber wie wichtig sind gemeinsame Mahlzeiten für unser Glück? Diese Frage beantworten meine Koautoren und ich im »World Happiness Report 2025«. Der »Weltglücksbericht« wird jährlich vom Wellbeing Research Centre der University of Oxford veröffentlicht, gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup und einem UN-Netzwerk zur nachhaltigen Entwicklung. Wir haben uns angeschaut, wie häufig Menschen gemeinsam mit anderen essen und wie das mit ihrer Lebenszufriedenheit zusammenhängt sowie mit der Häufigkeit, mit der sie positive Emotionen erleben. Dabei fiel zunächst auf, dass es massive Unterschiede zwischen Ländern und Regionen gibt, wenn es darum geht, wie oft die Einwohner Mahlzeiten miteinander teilen.
Wir verglichen die Daten der weltweiten Umfrage »Gallup World Poll« aus den Jahren 2022 und 2023 zum Thema »gemeinsame Mahlzeiten« mit Angaben zur Lebenszufriedenheit und stellten in fast allen Regionen einen signifikanten positiven Zusammenhang fest. Man misst in Ländern, in denen geselliges Speisen gängiger ist, nicht nur ein höheres Durchschnittswohlbefinden; sogar innerhalb einer Nation fühlten sich jene tendenziell besser, die oft mit anderen am Esstisch saßen.
Für die Gallup-Umfrage wurden mehr als 150 000 Menschen aus 142 Ländern und Regionen gefragt, wie oft sie in der vergangenen Woche mit jemandem, den sie kennen, zu Mittag oder zu Abend gegessen hatten. Die Ergebnisse variierten stark: In Lateinamerika nahmen die Befragten im Mittel zwei Drittel der Mahlzeiten in Gesellschaft ein, wobei die Einwohner von Paraguay, Ecuador und Kolumbien im Schnitt mehr als zehn gemeinsame Mahlzeiten pro Woche angaben. Am unteren Ende der Skala befanden sich süd- und ostasiatische Länder – insbesondere Indien, Pakistan, Bangladesch, Japan und Südkorea. Dort nahmen die Menschen im Schnitt weniger als eine von drei Mahlzeiten zusammen mit Freunden, Familie, Nachbarn oder Kollegen zu sich.
Gemeinsame Mahlzeiten machen so glücklich wie eine fette Gehaltserhöhung
Zwar findet sich so gut wie überall ein statistischer Zusammenhang zwischen gemeinsamen Mahlzeiten und Glücksempfinden, doch in einigen Regionen ist er stärker ausgeprägt als in anderen. Zum Beispiel wäre für jemanden, der bisher immer allein isst, in Nordamerika, Australien oder Neuseeland der psychische Nutzen ziemlich groß, wenn er anfangen würde, einige Mahlzeiten (acht oder mehr pro Woche) in Gesellschaft zu genießen. Die erwartete Glückssteigerung entspräche der Wirkung einer Verdoppelung des Einkommens! In Lateinamerika, der Karibik und afrikanischen Ländern südlich der Sahara wäre der Effekt allerdings nur halb so groß und in Südostasien praktisch gleich null. Die Gründe dafür sind noch unklar.
Für Sozialwissenschaftler ist die Häufigkeit gemeinsamer Mahlzeiten ein Indikator für soziale Verbundenheit, also das Ausmaß, in dem Menschen miteinander in Kontakt treten und Beziehungen knüpfen. Im Gegensatz zu subjektiven Messgrößen liefert sie uns ein konkretes Maß. Während sich die Ansicht, wo Freundschaft beginnt, oder die Wahrnehmung von Nähe zwischen Kulturen unterscheiden und im Lauf der Zeit ändern kann, bleibt die Zahl geteilter Mahlzeiten als Indikator objektiv und stabil.
Alter, Geld und Wohnsituation erklären den Effekt nicht
Natürlich könnten sich jene, die mehr Mahlzeiten teilen, auch systematisch in anderen Aspekten von Solo-Essern unterscheiden. Doch selbst wenn wir Merkmale wie Geschlecht, Alter, Einkommen, Wohnsituation und die Mittel, den Grundbedarf an Lebensmitteln zu decken, berücksichtigen, bleibt der Zusammenhang zwischen gemeinsamem Speisen und Wohlbefinden bestehen.
Während die frühesten von uns verwendeten globalen Daten erst aus dem Jahr 2022 stammen, erheben einige Länder schon länger Informationen über das Teilen von Mahlzeiten. In den Vereinigten Staaten, wo der American Time Use Survey (ATUS) seit mehr als 20 Jahren läuft, gibt es eindeutige Belege dafür, dass die Amerikaner von Jahr zu Jahr häufiger allein tafeln; das gilt insbesondere für junge Erwachsene.
Bei den 18- bis 24-Jährigen in den USA ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie an einem beliebigen Tag Frühstück, Mittagessen und Abendessen allein einnehmen, heute um 90 Prozent höher als noch im Jahr 2003. US-Amerikaner, die hingegen mindestens eine Mahlzeit in Gesellschaft essen, sind an diesem Tag zufriedener und empfinden weniger Stress, Schmerz und Traurigkeit.
Könnte es aber sein, dass Menschen vielleicht gerade dann häufiger mit anderen zusammen essen, wenn es ihnen bereits relativ gut geht? Anhand unserer Daten, die nur statistische Zusammenhänge zeigen, können wir das tatsächlich nicht beantworten. Es ist allerdings unwahrscheinlich, denn frühere Forschungsbefunde belegen ebenfalls die andere Wirkrichtung: Soziale Interaktion verbessert das Wohlbefinden.
In einer Welt, in der Einsamkeit zunehmend als Problem der öffentlichen Gesundheit erkannt wird, könnte ein Teil der Lösung darin bestehen, die Häufigkeit und die Art und Weise, wie wir uns am Tisch versammeln, neu zu gestalten. Wenn Sie also noch keine Pläne für das morgige Mittagessen haben – jetzt ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, jemandem eine Nachricht zu schicken, mit dem Sie gern etwas mehr Zeit verbringen würden.

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