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News: Gentaxen für verbesserte Antibiotika

Die medizinische Schlagkraft der Antibiotika nimmt durch Resistenzen erschreckend ab. Gentransfer soll die Antibiotika-produzierenden Bakterien aufrüsten und somit wirksamere Medikamente ermöglichen. Als Transportmittel dienen Phagen - Bakterien befallende Viren - denen die letalen Gene entfernt wurden.
Auch wenn heutzutage viele Antibiotika im Labor hergestellt werden, entspringen viele eigentlich einer bestimmten Gruppe von Bakterien, den Streptomycen. Diese gram-positiven Bodenbewohner bilden häufig verzweigte Kolonien, die an Pilzmycelien erinnern. Sie sind unter anderem die Quelle der bekannten und vielseitig einsetzbaren Antibiotika Streptomycin, Tetracyclin und Neomycin.

Doch immer mehr pathogene Bakterienstämme können sich durch den Besitz von Resistenzgenen gegen die Antibiotika zur Wehr setzen. Deshalb hat die Suche nach neuen, wirksamen Antibiotika für die Medizin hohe Priorität. Janet Westpheling und ihre Kollegen an der University of Georgia hatten die Idee, die Bakterien mit fremden Genen auszustatten, und mit ihnen den Syntheseweg zu manipulieren. Doch wie gelangt das Erbmaterial in die Einzeller?

Etwa indem man einen Weg beschreitet, der in der Natur schon vorkommt. Denn Bakterien tauschen über drei unterschiedliche Wege Gene untereinander aus. Einer davon bedient sich bestimmter Viren, die nur Bakterien befallen. Die so genannten Phagen setzen auf den Bakterien auf und transferieren ihr Erbmaterial in die Zielzelle, wo es vermehrt, abgelesen und die daraus hergestellten Bausteine zu fertigen Viren zusammengesetzt wird. Dabei kann auch bakterielle DNA in das Erbgut des Virus eingeschleust und bei der nächsten Infektion auf ein anderes Bakterium übertragen werden. Diesen als Transduktion bekannten Vorgang nutzen auch die Wissenschaftler. Doch zur erfolgreichen Umsetzung mussten sie noch ein paar bisher unlösbare Aufgaben bewältigen. Denn durch bestimmte, vom Phagen mitgeführte, Gene nimmt der Angriff für die Bakterien einen tödlichen Ausgang. Zur Produktion eines neuen Antibiotikums bleibt ihnen dann keine Zeit mehr.

Doch die Wissenschaftler konnten dieses Problem lösen. Als Untersuchungsobjekt wählten sie aus der Gruppe der Streptomyceten den Stamm Streptomyces coelicolor, der von den Bakterien genetisch am besten charakterisiert ist. Den Phagen aber entnahmen sie die tödliche Genfracht. Stattet man sie nun mit den gewünschten Genen aus, transportieren sie diese in die Bakterien. Das Ergebnis ist die Produktion völlig neuer Antibiotika, gegen die auch findige Bakterien noch keine Resistenzen entwickelt haben können.

Doch die Technik beschränkt sich nicht nur auf diese Stoffklasse. Auch Krebsmedikamente entstehen mitunter in den Einzellern. So wollen die Forscher unter anderem den Syntheseweg des wichtigen Medikaments Bleomycin studieren und manipulieren. Bislang hatte es sich widerspenstig gegen einen genetische Manipulation zur Wehr gesetzt. "Wir erwarten, dass die Möglichkeit, DNA in diesen Stamm von Streptomyces zu bringen, zur Produktion neuer Bleomycin führen wird", sagte Westpheling.

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