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Panamakrankheit: In Zukunft nur noch Genbananen?

Ein aggressiver Pilz gefährdet den weltweiten Bananenanbau. Mit Hilfe von Gentechnik ist es Forschern gelungen, resistente Bananen zu züchten. Doch werden Verbraucher sie akzeptieren?
Eine Banane

Nur Äpfel sind bei den Menschen noch beliebter als Bananen. Allein die EU importierte 2016 gut fünf Millionen Tonnen Bananen. Die weltweit hohe Nachfrage hat ihren Preis: Für den Export setzen Plantagenbesitzer fast ausschließlich auf eine Sorte und bauen diese massenweise in Monokultur an. Das aber macht Bananenpflanzen überaus anfällig für Krankheiten.

Seit einigen Jahren schon warnen Agrarexperten vor der Panamakrankheit, die der bodenlebende Pilz Tropical Race 4 (TR4) auslöst: TR4 infiziert die Bananenpflanzen über die Wurzeln und verstopft die Leitbahnen, so dass die Pflanzen verkümmern und schließlich vertrocknen. 1990 wurde TR4 erstmals im Jemen nachgewiesen. Von dort breitete sich der Pilz nach Indonesien, Malaysia, China, Mosambik und in den Norden Australiens aus. 2017 wurden erste Fälle in Vietnam und Laos bekannt.

Der Pilz ist eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Bananenindustrie weltweit, denn es existiert bis heute kein wirksames Mittel, um ihn zu bekämpfen. Einmal befallen, sind Bananenpflanzen verloren. Doch es gibt einen Lichtblick: Forscher um James Dale von der University of Queensland in Brisbane, Australien, berichteten im Fachblatt »Nature Communications«, dass es ihnen gelungen ist, Bananenpflanzen zu züchten, denen TR4 nichts anhaben kann. Sie schleusten dazu Resistenzgene in das Erbgut der Bananensorte Cavendish ein, jener Sorte, zu der 99 Prozent unserer Supermarktbananen gehören.

Viel versprechender Feldversuch

Dale kreierte mehrere Pflanzenlinien: Ein Teil der Bananenpflanzen erhielt unterschiedlich viele Kopien des Gens RGA2, das aus einer widerstandsfähigen, wilden Bananenart isoliert wurde. Der andere Teil erhielt das Gen Ced9 aus dem bodenlebenden Nematoden Caenorhabditis elegans; es ist bekannt dafür, Resistenz gegen Pflanzenpilze zu verleihen. 2012 pflanzten Wissenschaftler die neu geschaffenen Pflanzenlinien in Nordaustralien an, einem Gebiet, in dem TR4 schon länger wütet. Um sicherzugehen, dass der Pilz die jungen Bananenpflanzen infizieren würde, vergruben die Forscher kontaminierte Erde in den Boden rund um die Wurzelballen.

Die Ergebnisse des Feldversuchs sind viel versprechend: Während die Kontrollpflanzen fast alle eingingen oder Krankheitssymptome wie gelbe Blätter und verfaulende Stämme aufwiesen, überlebten 80 Prozent der transgenen Bananen. Zwei der Pflanzenlinien, eine mit Ced9 und eine mit RGA2 versehen, waren vollständig resistent – ohne dass die Größe der Bananenstauden gelitten hätte, ebenfalls ein wesentliches Kriterium für Bananenbauern. »Am besten schnitt einer der RGA2-Ansätze ab«, sagt Dale. »Je stärker RGA2 exprimiert wurde, desto stärker war die Resistenz. Wir nehmen an, dass das Gen eine Wächterfunktion hat: Wird der Pilz entdeckt, löst RGA2 eine starke Abwehr aus.«

»Wir nehmen an, dass das Gen eine Wächterfunktion hat: Wird der Pilz entdeckt, löst RGA2 eine starke Abwehr aus«
James Dale

»Kollege Dale und sein Team haben mit der Entwicklung einer TR4-resistenten Cavendish-Banane Großartiges geleistet«, kommentiert Altus Viljoen, Pflanzenpathologe und TR4-Experte an der Universität Stellenbosch in Südafrika, die Arbeit. »Aber ob sich genetisch veränderte Bananen verkaufen lassen, ist eine andere Frage. Cavendish-Bananen werden in Massen produziert, um Geld zu verdienen. Wenn Verbraucher sie nicht essen, hat eine resistente Pflanze keinerlei Wert.«

Tatsächlich gilt die Vermarktung genetisch veränderter Bananen – je nach Land – als schwierig bis unmöglich. Doch Dale hält dagegen. Die üblichen Kritikpunkte von Gentechnikgegnern würden für transgene Bananen nicht gelten: »RGA2 etwa ist ein Gen, das natürlicherweise auch in der Cavendish-Banane vorkommt; der Verzehr ist also gesundheitlich unbedenklich«, versichert Dale. In den Cavendish-Bananen ist RGA2 allerdings nicht aktiv, weswegen TR4 auch so leichtes Spiel hat. Warum das Resistenzgen abgeschaltet ist, wissen die Forscher nicht. Mit den neuen Methoden des Genome Editing könnte es sich womöglich »ankurbeln« lassen, um TR4 abzuwehren, spekuliert Dale am Ende seiner Publikation. Ein solcher Eingriff, der ohne klassischen Gentransfer auskommt, wird in der EU aber seit Juli 2018 als Gentechnik angesehen und ist daher verboten.

Genbananen in vier bis fünf Jahren zum Anbau frei?

Doch zurück in die Gegenwart: Die TR4-resistenten Bananen unterscheiden sich noch in einem anderen Punkt von anderen transgenen Pflanzen: »Bananen vermehren sich asexuell über Schösslinge. Das heißt, Bauern müssen nicht Jahr für Jahr neues Saatgut kaufen, sondern sind unabhängig von Samen, und große Agrarkonzerne sind auch nicht involviert«, erklärt Dale. Der Biotechnologe hat gerade den nächsten Feldversuch mit weiteren genetisch veränderten Bananensorten gestartet und rechnet damit, dass TR4-resistente Bananen in vier bis fünf Jahren zum Anbau freigegeben werden können.

Auch auf traditionellem Weg versuchen Forscher die Banane gegen die Bedrohung zu wappnen. Auf Grund der asexuellen Fortpflanzung von Bananen lassen sich neue Eigenschaften aber nur mühsam erzeugen. Im Ansatz ist es jedoch gelungen: Die Cavendish-Variante GCTCV-218 aus Taiwan ist zwar nicht vollständig resistent gegen TR4, aber immerhin weniger anfällig. »Die Varietät wurde auf dem internationalen Markt akzeptiert und wird gerade in großem Maßstab angepflanzt«, berichtet Viljoen.

Mit Hilfe der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO wurde in den vergangenen Jahren global und lokal über das TR4-Risiko aufgeklärt – vor allem gilt es, Mittelamerika zu schützen, ein Hauptanbaugebiet für Bananen, das bislang noch frei von TR4 ist. Allerdings verbreitet sich der Pilz nur allzu leicht: Ein bisschen Erde an einer Bananenkiste reicht aus, um TR4 per Schiff oder Flugzeug auf andere Kontinente zu übertragen, denn einmal im Boden, bildet der Pilz Dauerstadien, die mehrere Jahrzehnte in der Erde überleben.

Andere Anbaumethoden wichtig für Nachhaltigkeit

Um den Bananenanbau langfristig nachhaltig und weniger anfällig zu machen, müssten sich die Anbaumethoden jedoch grundlegend ändern. Für den Export setzt man weltweit fast ausschließlich auf eine Sorte. All diese Bananenpflanzen, egal ob sie in Mittelamerika, China oder Australien wachsen, sind genetisch identisch. Baut man sie auch noch in Monokultur an, haben es Schädlinge ausgesprochen leicht. Das lehrt schon die Geschichte: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts breitete sich die Panamakrankheit, damals von Tropical Race 1 (TR1) ausgelöst, schon einmal in Mittelamerika aus. Dem Pilz fiel die damals vorherrschende Bananensorte Gros Michel zum Opfer. Nach und nach waren Plantagenbesitzer gezwungen, sie durch die Sorte Cavendish zu ersetzen: kleiner und weniger schmackhaft als Gros Michel, aber resistent gegen TR1. »Leider macht RGA2 nicht resistent gegen TR1«, sagt Dale, »aber wir sind dabei, auch eine resistente Gros Michel zu entwickeln.«

Genetisch veränderte, resistente Bananen sind eine mögliche Lösung im Kampf gegen TR4. Allerdings passt sich der Pilz an und könnte mit der Zeit auch diese Resistenz überwinden. Kleinbauern zeigen, wie man das ewige Wettrüsten zumindest verlangsamen könnte: Sie sind von der Panamakrankheit nicht so stark betroffen, weil sie auf Artenvielfalt und genetische Variabilität setzen, indem sie etwa Getreide und verschiedene Bananensorten anpflanzen. »Der Verbraucher wird in Zukunft vermutlich die Wahl haben zwischen transgenen Bananen und anderen Sorten«, erläutert Dale. »Ob transgene Sorten angenommen werden oder nicht, wird auch der Verkaufspreis entscheiden.«

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