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News: Gentherapie gegen Herzinfarkt?

Die Idee, mit fremdem Erbgut im Körper einen Schaden zu reparieren, hat für viele Wissenschaftler etwas Faszinierendes. Die Forschung sucht nicht nur neue Gene, die therapeutisch eingesetzt werden könnten, sondern auch neue Gen-Taxis, um die heilende DNA an die richtige Stelle zu schleusen. Bisher geschah dies meist durch Viren. Jetzt haben amerikanische Forscher einen künstlichen DNA-Film gebastelt, der in Herzarterien eingesetzt werden soll. Sie hoffen, dass dadurch in Zukunft Herzinfarkte genetisch behandelt werden können.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen in Deutschland mehr als die Hälfte aller Todesfälle. Ausgelöst wird ein Herzinfarkt durch ein Blutgerinnsel, das sich in einer engen Herzarterie verfängt. Die lebenswichtige Versorgung mit sauerstoffreichem Blut wird unterbrochen, das betroffene Gewebe stirbt ab. Dadurch kann wiederum die Weiterleitung der elektrischen Impulse durch den Herzmuskel gestört werden. Die Schlagfrequenz ändert sich drastisch, im schlimmsten Fall hört das Herz ganz auf zu schlagen.

Herzinfarkte lassen sich chirurgisch behandeln, indem die betroffenen Arterien künstlich erweitert werden. Dazu verpflanzt der Chirurg über einen Katheter einen Ballon in die Arterie, der das Blutgefäß quasi aufbläst. Ein künstliches Metallgerüst, der so genannte Stent, verbleibt nach der Operation in der Arterie und stabilisiert sie. Leider ist die Methode nicht immer erfolgreich. Bei einem Drittel der Patienten verletzt der Stent das Gefäß, sodass Zellen innerhalb weniger Wochen nachwachsen und zu neuen Verstopfungen führen können.

Herzinfarkte lassen sich jedoch nicht nur mechanisch, sondern auch biochemisch behandeln. Bestimmte Proteine lösen Blutgerinnsel auf und können so – wenn sie unmittelbar nach einem Herzinfarkt verabreicht werden – das Risiko für einen zweiten Infarkt erheblich mildern. Diese Proteine werden heutzutage mit gentechnisch veränderten Bakterien hergestellt. Eine Therapie mit Genen, die diese Proteine unmittelbar am erkrankten Herz produzieren, wäre also denkbar. Das Problem ist nur: Wie bringt man diese Gene an ihren Einsatzort?

Robert Levy vom Children's Hospital of Philadelphia fragte sich: Warum nicht das eine tun, und das andere nicht lassen? Zusammen mit seinen Kollegen entwickelte er als DNA-Vehikel einen biologisch abbaubaren Polymerfilm, der einen Arterien-Stent auskleiden soll (Nature Biotechnology vom November 2000). Zunächst probierten sie ihren Film in Herzmuskelzellkulturen von Ratten aus. Der Film war mit einem DNA-Plasmid versetzt, der die Bauanleitung für ein grün fluoreszierendes Protein enthielt. Die Zellkulturen produzierten, wie von den Forschern erhofft, das Markerprotein.

Im nächsten Schritt bauten sie Stents, die mit den DNA-Filmen ausgekleidet waren, in die Herzarterien von sechs Schweinen ein. Auch hier konnten die Wissenschaftler daraufhin die Produktion des Markerproteins in den behandelten Arterien nachweisen. "Das ist das erste Beispiel eines Gentransfers im Tiermodell mit Stents, die DNA freisetzen", erklärt Levy. Er hofft, dass dadurch in Zukunft Gene in erkrankte Arterien eingepflanzt werden können, die dazu beitragen, die lebensbedrohenden Verstopfungen zu verhindern. Die passenden Gene will er jetzt suchen: "Wir haben weiteren Forschungsbedarf, um die Gene zu identifizieren, die den bestmöglichen Effekt haben."

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