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News: Gentherapie statt Medikamente

Forschern des University of Pennsylvania Medical Center ist es gelungen, die Leber von Nagetieren zu transplantieren, ohne immunosuppressive Medikamente benutzen zu müssen. Zum ersten Mal in der Wissenschaft wurde eine Gentherapie benutzt, um die Spenderleber vor der Operation so zu verändern, daß das Immunsystem des Empfängers das neue Organ auf Dauer tolerierte. Die neuen Erkenntnisse werden in der Februarausgabe von Nature Medicine vorgestellt.
Es sind noch weitere Tierstudien erforderlich, bevor klinische Versuche an Menschen in Erwägung gezogen werden können. Aber schon jetzt kann abgesehen werden, welche großen Vorteile ein auf das transplantierte Organ beschränktes System zur Unterdrückung der Immunabstoßung mit sich bringt. Die starken immunosuppressiven Medikamente, die heute erforderlich sind, damit ein lebensrettendes transplantiertes Organ in einem Empfängerkörper überleben kann, ohne daß es abgestoßen wird, gehen zu Lasten des allgemeinen Wohlbefindens des Empfängers.

„Derzeit ist die gesamte Immunosuppression systemisch und lebenslänglich“, sagt Dr. med. Kim M. Olthoff, Professor an der University of Pennsylvania. „Um das neue Organ vor Abstoßung zu schützen, müssen langfristig Medikamente eingenommen werden, die das gesamte Immunsystem unterdrücken. Die Konsequenz ist, daß diese Person für Infektionen, Krebs und eine Reihe anderer Komplikationen, einschließlich Nerven- und Nierenschäden, anfällig wird. In unserer Studie führte eine einmalige Gentherapiebehandlung der Spenderleber dazu, daß das Immunsystem des Empfängers das neue Organ tolerierte. Es waren keine weiteren immunosuppressiven Medikamente erforderlich.“

Die neue Technik nutzt ein Adenovirus – ein Virus, das gewöhnlich für Schnupfen verantwortlich ist –, das gentechnisch erzeugt wurde, um ein Gen zu übertragen, welches ein Protein namens CTLA4Ig codiert. Der virale Vektor wird in die Organkonservierungslösung gegeben, in der das zu transplantierende Organ aufbewahrt wird. Auf diese Weise kann er in das Organ eindringen. Das Verfahren wird bei niedrigen Temperaturen durchgeführt, die die Konservierung des Organs weiter fördern.

Nach der Transplantation sorgt das Gen in der Leber dafür, das das CTLA4Ig-Protein gebildet wird. Dieses Protein blockiert das sogenannte co-stimulatorische Signal, das erforderlich ist, um die T-Zellen vollständig zu aktivieren. Die T-Zellen sind verantwortlich für das Erkennen und die Reaktion auf fremde Antigene, wie jene aus dem Gewebe eines transplantierten Organs.

Mehrere Signale sind erforderlich , um den Angriff der T-Zellen auf fremdes Gewebe zu stimulieren. Das primäre Signal tritt durch Interaktion mit den an die Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexes (major histocompcatibility complex, MHC) gebundenen Antigenen auf. Aber erst, wenn noch ein weiteres Signal – das co-stimulatorische Signal – hinzukommt, werden die entsprechenden T-Zellen aktiviert, die den Eindringling zerstören.

Das fremde Antigen tritt bei Transplantationen zu der Zeit der Operation und direkt danach auf. Wird zu diesem Zeitpunkt das co-stimulatorische Signal unterdrückt, dann tolerieren die T-Zellen permanent das neue Gewebe. Diese erlernte Toleranz erklärt, warum durch die von den Wissenschaftlern angewendete Gentherapie auch auf eine spätere immunosuppressive Behandlung verzichtet werden kann.

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