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Anthropologie: Geringes Hirnwachstum beim Homo erectus

Das Gehirn eines Homo erectus wuchs vermutlich nach der Geburt wesentlich weniger als beim heutigen Menschen Homo sapiens. Das schließen Anthropologen aus der computertomografischen Analyse eines H.-erectus-Kinderschädels.

Homo erectus | Virtuelles Abbild des mit Sedimenten gefüllten Mojokerto-Schädels
Den Wissenschaftlern um Hélène Coqueugniot von der Universität Bordeaux und Jean-Jacques Hublin vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie stand ein 1936 in der Region Mojokerto auf Java gefundenes, 1,8 Millionen Jahre altes Schädeldach eines H.-erectus-Kleinkindes zur Verfügung. Aus dem Entwicklungsstand der inneren Schädelstrukturen schließen die Forscher, dass das Kind im Alter von etwa einem Jahr gestorben war.

Der Vergleich mit zwei ausgewachsenen H.-erectus-Schädeln ergab, dass das auf 663 Kubikzentimeter geschätzte Hirnvolumen des Kindes zwischen 72 und 84 Prozent eines Erwachsenen lag. Damit war das Hirnwachstum von H. erectus nach der Geburt ähnlich schnell abgeschlossen wie bei heutigen Schimpansen, die nach einem Jahr bereits 80 Prozent des Hirnvolumens ausgewachsener Tiere erreichen.

Für den heutigen Menschen ist dagegen eine lange Wachstums- und Entwicklungsphase nach der Geburt typisch: Das Hirnvolumen eines Neugeborenen beträgt nur 25 Prozent des Hirnvolumens eines Erwachsenen und steigt nach einem Jahr auf etwa 50 Prozent an. Die Forscher schließen aus der verhältnismäßig kurzen Entwicklungsphase von H. erectus auf nur gering ausgeprägte kognitive Fähigkeiten. Damit hätte sich beispielsweise eine komplexe Sprache erst relativ spät in der menschlichen Evolution entwickeln können.

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