Direkt zum Inhalt

News: Gesiebtes Licht

Fällt Licht auf eine kleine kreisförmige Öffnung, so zeigt sich dahinter eine Beugungsstruktur aus konzentrischen Kreisen. Umgekehrt fokussiert eine Maske mit einem solchen Ringmuster Licht wie eine Sammellinse auf einen kleinen Punkt. Leider ist jedoch die Größe dieses Punktes durch die minimale Strukturgröße der Maske beschränkt. Doch diese Grenze lässt sich durch ein Muster scheinbar wahllos gestreuter Löcher überwinden, wie deutsche Physiker jetzt zeigten.
Seiner Wellennatur verdankt es Licht, dass es sich nicht nur geradlinig ausbreiten darf, sondern auch um die Ecken und Kanten von Strukturen biegen kann und so teilweise den Schattenraum ausleuchtet. Dieses Phänomen ist in der Physik als Beugung bekannt und dafür verantwortlich, dass selbst einfache Strukturen komplexe Lichtmuster erzeugen.

Beispielsweise wird eine beleuchtete, kreisförmige Öffnung nicht als einzelner Lichtpunkt abgebildet, vielmehr entsteht hinter ihr ein Muster aus hellen und dunklen konzentrischen Ringen, deren Breite mit zunehmendem Durchmesser abnimmt. Je kleiner die Öffnung ist, je eher sie also der Wellenlänge des Lichtes entspricht, umso deutlich ist der Effekt.

Es lässt sich aber auch das umgekehrte Resultat erzielen: So fokussiert eine ansonsten lichtundurchlässige Maske, aus der ebensolche konzentrische Kreise ausgeschnitten sind, Licht auf einem Punkt. Eine derartige so genannte Fresnel'sche Zonenplatte nutzt man beispielsweise dazu, um Röntgenlicht auf einen Punkt zu bündeln, denn herkömmliche Optik versagt zumeist bei der kurzwelligen Strahlung.

Doch auch den Zonenplatten sind physikalische Grenzen gesetzt. So bestimmt die Dicke des äußersten Ringes, wie klein sich ein Lichtstrahl fokussieren lässt. Da die minimale Strukturgröße bei der Herstellung solcher Masken etwa bei 30 Nanometern liegt, konnte man Licht mit dieser Technik bislang nicht stärker bündeln. Außerdem wirft eine Zonenplatte außer dem hellen Lichtpunkt auch schwach leuchtende Ringe auf einen Schirm – so genannte höhere Beugungsordnungen, ein oftmals unerwünschter Effekt.

Lutz Kipp und seinen Kollegen von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Universität Hamburg fanden nun einen Weg, sowohl die Lichtpunkte deutlich zu verkleinern, als auch die weiteren Beugungsringe zu unterdrücken. Dazu verwendeten die Physiker eine Maske, die anstelle von konzentrischen Ringen von augenscheinlich wahllos gestreuten Löchern durchbohrt ist. Doch wie funktioniert diese Erfindung, die die Forscher Photonensieb nennen?

Nun, auf den zweiten Blick sind die Löcher doch nicht so zufällig gestreut, wie es zunächst scheint. Vielmehr sind sie gerade so angeordnet, dass der optische Weg von der Lichtquelle, durch den Lochmittelpunkt zu ihrem Brennpunkt gerade einem ganzzahligen Vielfachen der Lichtwellenlänge entspricht – die Voraussetzung dafür, dass sich die einzelnen Lichtstrahlen am Brennpunkt konstruktiv überlagern.

Das gilt allerdings nur streng für die kleinen Löcher, deren Durchmesser geringer oder gleich der jeweiligen Ringbreite der entsprechenden Fresnel-Zone ist, auf der sie sich befinden. Die Löcher dürfen aber auch durchaus größer als die Zonen sein, solange die von dem Loch eingeschlossene Fläche in erster Linie auf einer Zone liegt, die dem Brennpunkt Licht beisteuert.

Und so ist beim Photonensieb nicht mehr die Strukturgröße – also der Durchmesser eines Lochs – entscheidend, sondern wie genau es sich positionieren lässt. Auf diese Weise können die Löcher auch Positionen der äußersten Ringe einer Zonenplatte einnehmen – Ringe, die viel zu dünn wären, als dass man sie herstellen könnte. Genau diese Ringe bestimmen jedoch die kleinstmögliche Größe des Lichtpunkts, und deshalb sollte es mit dem Photonensieb und herkömmlicher lithographischer Technik möglich sein, auf sechs Nanometer zu fokussieren.

Doch damit nicht genug, die Forscher konnten auch die störenden weiteren Beugungsordnungen unterdrücken. Anders als bei einer Zonenplatte, wo jeder Ring den gleichen Beitrag zur Amplitude im Fokus liefert, lässt sich bei einem Photonensieb die Anzahl der Löcher pro Ring gezielt einstellen. Dadurch kann man den scharfen Abbruch von vollem Beitrag zu Null beim äußersten Ring der Zonenplatte verhindern und einen weichen Übergang erreichen, der dazu führt, dass die Nebenmaxima reduziert werden. Erste Versuche mit sichtbarem Licht an einem Photonensieb auf einem Dia sind vielversprechend und zeigen, dass das Prinzip funktioniert.

Neben all diesen Vorteilen muss das Photonensieb der Fresnel'schen Zonenplatte nur in einem Punkt nachstehen: Es lässt nur 15 bis 20 Prozent des Lichts hindurch, während durch die Zonenplatte 50 Prozent passieren kann. Der Nachteil wiegt allerdings nicht allzu schwer, denn mit dem Freien-Elektronen-Laser, der derzeit am Hamburger Synchrotronstrahlungslabor (HASYLAB) gebaut wird, steht bald eine leistungsfähige Strahlungsquelle zur Verfügung. So rückt ein Messinstrument in greifbare Nähe, mit dem sich in Zukunft die chemischen und elektronischen Eigenschaften von Materialproben im Nanometerbereich untersuchen lassen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.