Direkt zum Inhalt

News: Gestresste Vögel

Der Amazonas-Regenwald stellt mit seiner Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten eine unermessliche "Schatztruhe" dar, die durch menschliche Eingriffe jedoch stark gefährdet ist. Mit seiner Vernichtung schrumpft auch der Lebensraum seiner Bewohner immer mehr. Insbesondere Vögel reagieren sehr empfindlich auf die Zerstückelung ihrer angestammten Heimat - vermutlich stehen sie unter Stress, worauf ihr geringeres Federwachstum hindeutet.
Unter dem Kronendach der amazonischen Regenwälder finden nach Schätzungen der Wissenschaftler rund die Hälfte aller landlebenden Tier- und Pflanzenarten der Erde ein Zuhause. Doch ihr Lebensraum ist akut bedroht, denn jährlich fallen bis zu 30 000 Quadratkilometer Wald im Amazonasgebiet Raubbau und Bränden zum Opfer. Besonders sensibel reagiert die Vogelwelt auf die Zerstückelung geschlossener Waldbestände, sogar in 100 Hektar großen Flächen sind viele Vogelarten bereits spurlos verschwunden. Die Ursache des Aussterbens blieb Wissenschaftlern jedoch lange Zeit ein Rätsel.

Doch nun brachten Jeff Stratford von der Auburn University und Philip Stouffer von der Southeastern Louisiana University ein wenig Licht ins Dunkel um dieses Phänomen. Dazu maßen die beiden Forscher das tägliche Federwachstum von zwei häufigen Vogelarten, dem Rindenpicker (Glyphorhynchus spirurus) und einem Manakin (Pipra pipra), aus zerteilten sowie geschlossenen Regenwaldgebieten in der Nähe von Manaus in Brasilien.

Den Daten zufolge wuchsen die Federn von in Waldfragmenten gefangenen Tieren langsamer: Beispielsweise war der Federzuwachs von Vögeln in knapp einem Hektar großen Gebieten um 10 Prozent reduziert. Doch warum ist das Federwachstum in kleinen Waldflächen derart verlangsamt? Nahrungsmangel schlossen die Wissenschaftler als mögliche Ursache aus, denn die Zerstückelung der Regenwaldgebiete beeinflusst nicht das Nahrungsangebot für die Vögel: Die Manakinart ernährt sich unter anderem von Früchten, während der Rindenpicker Insekten von Baumstämmen und Zweigen vertilgt. Aber wie ist das Ergebnis dann zu erklären?

"Vermutlich gibt es physiologische Auswirkungen auf Vögel, die in zerstückelten Waldflächen leben", erläutert Stratford. Die Tiere stehen möglicherweise unter größerem Stress, der ihr Überleben und ihre Fortpflanzung gefährdet. Tatsächlich beeinflusst die Fragmentierung den Federzuwachs nicht direkt. Vielmehr verbleiben weniger widerstandsfähige Vögel mit höherer Wahrscheinlichkeit in nicht optimalen Lebensräumen. "Wir nehmen an, dass diese Vögel sozial Untergeordnete sind, die durch die Gegend ziehen", hebt Stratford hervor.

Möglicherweise sind Vögel in anderen Gebieten noch stärker gestresst, denn die hier untersuchten Flächen waren eher durch Weideland und wiederaufgeforsteten Wald als durch Parkplätze und Häuser getrennt und somit nicht so stark isoliert. "Obwohl die Dinge schlecht stehen, ist dies das beste anzunehmende Szenario", betont Stratford.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.