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News: Gesunde Unsterblichkeit

An den Enden der Chromosome einer jeden menschlichen Zelle befinden sich Abschnitte, die bei der Zellteilung ein wenig kürzer werden. Sie stellen gewissermaßen eine Art Lebensuhr für die Zelle dar, die irgendwann das Ende einläutet. Krebszellen umgehen das Signal für den Selbstmord, indem sie mit Hilfe des Enzyms Telomerase die Chromosomenenden immer wieder erneuern. Bislang nahmen Biologen daher an, daß eine Zelle mit aktiver Telomerase automatisch zu einer Krebszelle entarten würde. Texanischen Wissenschaftlern gelang es nun aber, scheinbar unsterbliche Zellen zu züchten, die sich ansonsten ganz normal und 'gesund' verhalten.
Jerry Shay und Woodring Wright und ihre Kollegen vom Southwestern Medical Center der University of Texas in Dallas berichten in der Januarausgabe 1999 von Nature Genetics, daß Zellen, die durch das Enzym Telomerase "unsterblich" sind, auch 220 Generation nach ihrer normalen Lebensspanne von 75 bis 80 Teilungen jung und kraftvoll bleiben.

Die Zellen wiesen keine der für Krebszellen charakteristischen Eigenschaften auf, wie instabile Chromosomen, Serum-unabhängiges Wachstum, Verlust der Kontakthemmung und Verlust der Zellzyklus-Kontrollen. In einem Begleitartikel demonstrieren Mitarbeiter der Geron Corporation und ihre Kollegen, daß Zellen, in die Telomerase eingeführt wurde, in Mäusen keine Tumore erzeugen.

Während die meisten normalen Zellen, die eine begrenzte Lebenspanne besitzen, keine Telomerase enthalten, ist dies bei mehr als 90 Prozent der Krebszellen, die sich unendlich oft teilen, der Fall. Darum gilt die Anwesenheit des Enzyms als ein Merkmal für Krebszellen. "Wir haben eindeutig aufgezeigt, daß die Expression von Telomerase in gezüchteten menschlichen Zellen keinen Krebs verursacht", sagte Wright. Das Enzym löst also den Krebs nicht selbst aus, sondern erlaubt den Zellen nur, sich immer wieder zu teilen. Die eigentlich bösartigen Eigenschaften entstehen nach Ansicht der Forscher durch andere Mutationen.

Die Wissenschaftler glauben, durch den gezielten Einsatz von Telomerase gesundes Zellmaterial gewinnen zu können. Während heute viele pharmazeutische Tests an Tier- oder entarteten menschlichen Zellen durchgeführt werden, stünden in der Zukunft "normale unsterbliche" Kulturen zur Verfügung. In Blutstammzellen eingebrachte Telomerase könnte Knochenmarksspenden ersetzen, da ein Patient mit seinen eigenen Zellen behandelt würde, die ihm bei der Geburt entnommen werden wären.

"Das Ziel unserer Forschung ist es, die Dauer der menschlichen Gesundheit zu vergrößern, nicht unbedingt die Dauer des menschlichen Lebens", sagen die Forscher.

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