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Plattentektonik: Geteiltes Afrika?

Das Gesicht der Erde ist in ständigem Wandel begriffen: Ozeane und Kontinente kommen und gehen. Angetrieben werden diese kosmetischen Operationen von der Plattentektonik. Doch reichen ihre Kräfte überhaupt aus, um die dicken Kontinente zu zerstückeln?
Falschfarbenbild des ostafrikanischen Grabenbruchs
"Zerreißt unsere Erde?", fragte vor wenigen Tagen ein großes deutsches Boulevardblatt angesichts des schweren Bebens in Südost-Asien. Mitnichten natürlich! Aber einzelne Platten unseres Planeten oder Kontinente, die auf ihnen liegen, teilen sich durchaus. Es ist ein Milliarden Jahre altes Phänomen, das immer wieder alte Kontinente stückelte und neue zusammensetzte.

Der Plattentektonik haben wir es unter anderem zu verdanken, dass Gebirge wachsen und Gräben sich teilen. Wie Flöße bewegen sich dabei die riesigen Schollen der Erdkruste auf der zum Erdmantel zählenden zähflüssigen und teilweise aufgeschmolzenen Asthenosphäre. Angetrieben werden die Platten wahrscheinlich durch ein komplexes System von Konvektionsströmungen.

Durch diese Bewegung schrumpfen manche Meere, und andere weiten sich: Der Atlantik wird breiter – Alte und Neue Welt entfernen sich voneinander. Der Pazifik dagegen nimmt langsam an Ausdehnung ab, Asien und Amerika nähern sich an. Während aber die dicke kontinentale Kruste obenauf bleibt, verschwindet der dünne Meeresboden in den Tiefseegräben, wo er im Glutofen des Erdmantels wieder neu aufbereitet wird. Ersetzt wird diese abtauchende ozeanische Kruste durch frisches Material, das an den Mittelozeanischen Rücken aufsteigt und neuen Meeresboden schafft.

Diese Mittelozeanischen Rücken – wie der von Island bis in den Südatlantik verlaufende – sind eine Art Schwächezone in der Haut der Erde. Sie kann leicht reißen, und dann tritt aus ihren Spalten und Brüchen Magma aus, das entstehende Lücken zwischen den älteren ozeanischen Krustenbereichen füllt. Wo immer sich Rücken und Gräben in den Ozeanen bilden, teilen sie ozeanische Platten neu ein.

So weit, so einfach. Wie ist das dann allerdings beim Zerbrechen einzelner Kontinente, deren Kruste doch ungleich stärker ist als jene des Meeresbodens? Aber auch sie verändern ihre Form: Die Erde von heute weist kaum Ähnlichkeiten mit jener der Kreidezeit auf. Aus den Riesenkontinenten Pangäa und Gondwana entstanden Eurasien, Afrika oder Amerika, und auch zukünftig wird sich das Antlitz unseres Planeten immer wieder verändern.

Ein aktuelles Beispiel einer sich teilenden Landmasse ist der Rift-Valley-Bereich im östlichen Afrika, wo sich ein Graben vom Roten Meer durch das Äthiopische Hochland bis hinunter zum Malawi-See zieht. Irgendwann einmal in der fernen Zukunft könnte hier die kontinentale Kruste durch Dehnung so weit ausgedünnt und abgesunken sein, dass sie vom Meer überflutet und Afrika entzwei gerissen wird.

Schema des Grabenbrechens in Ostafrika | Schema des Grabenbrechens in Ostafrika: Konvektionsströme allein sind zu schwach, um die dicke kontinentale Kruste des Festlandes zu teilen. Dennoch können auch Kontinente entzwei brechen. Ursache sind aufsteigende Magmen entlang der Bruchzone, die dort die Gesteine weiter schwächen und so den Teilungsprozess ermöglichen.
Die antreibenden Motoren der Plattentektonik – die Konvektionsströme – dürften dazu allein allerdings nicht ausreichen: Ihre Stärke liegt etwa eine Zehnerpotenz unter den Kräften, die nötig wären, um die dicke kontinentale Lithosphäre zu zerbrechen. Was aber ermöglicht dennoch die Ausbildung von Grabenbrüchen und die Trennung von Kontinenten?

Eine Antwort scheinen nun Geophysiker um Michael Kendall von der Universität Leeds gefunden zu haben. Dazu untersuchten sie im äthiopischen Teil des Rift Valleys die Veränderungen seismischer Wellen auf ihrem Weg durch den Erdmantel. Diese Wellen wechseln ihre Eigenschaften und Geschwindigkeit, wenn sie unterschiedliche Gesteinspartien durchqueren, und geben so Hinweise auf die Struktur des Untergrunds.

Zusammen mit Gesteinsuntersuchungen aus der Region zeigen die Daten der Wissenschaftler, dass in die Erdkruste immer wieder relativ dünne, schieferartige Magmagesteine eingedrungen sind. Ihr Ausgangsmaterial stieg entlang von Rissen durch Mantel und Kruste auf, bis es stecken blieb und aushärtete, wobei es den Gesteinsverbund in diesem Bereich weiter schwächte. Diese Einlagerungen und Schwächezonen erleichtern nun das Entstehen von Brüchen und Gräben. Nur in diesem Zusammenhang lässt sich wohl die Teilung von Kontinenten verstehen, betonen die Forscher: Dehnung kontinentaler Platten und Magmatismus müssen zusammenwirken, um festes Land zu teilen.

Bis sich aber Afrika und Ostafrika trennen, werden noch einige Jahrmillionen vergehen – falls nicht schon vorher die ganze Riftbildung vollkommen zum Stillstand gelangt. Denn auch diese Prozesse können vor der Vollendung zum Erliegen kommen, und im Rift Valley lässt sich tatsächlich zurzeit nur wenig tektonische Aktivität erkennen. Um schon Urlaubspläne für die zukünftige südliche Verlängerung des Roten Meers zu schmieden, ist es also vielleicht noch ein bisschen zu früh.

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