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Kryosphäre: Gezeiten beeinflussen Gletscherströme

Antarktische Eisformation
Die Fließgeschwindigkeit eines der größten Eisströme der Erde – des westantarktischen Rutford-Gletschers – wird in deutlichem Maße von Unterschieden im Tidenhub der Weddell-See bestimmt, in die er mündet. In einem zweiwöchigen Zyklus schwankt sie um rund zwanzig Prozent, und die Unterschiede machen sich selbst noch vierzig Kilometer landeinwärts bemerkbar.

Damit hängt der Eisfluss nicht nur vom täglichen Gezeitenwechsel an der Küste statt, sondern auch von Spring- und Nipptiden, die sich alle zwei Wochen abwechseln, wenn Sonne, Mond und Erde in wechselnder Reihenfolge in einer Linie stehen. Wie die Messungen von Hilmar Gudmundsson vom British Antarctic Survey ergaben, strömt der Rutford-Gletscher mit 1,2 Metern pro Tag ins Meer, wenn die Flut bei Springtiden besonders hoch aufläuft. Dagegen sinkt die Geschwindigkeit um dreißig Zentimeter kurz vor einer Nipptide, bei der das Wasser nur unterdurchschnittlich ansteigt. Beide Effekte sind kilometerweit im Inland selbst auf einer Höhe von 200 Metern über dem Meer mit immerhin noch 12 Zentimetern Differenz in der Geschwindigkeit bemerkbar. Und sie überraschten den Forscher, denn eigentlich erwartete er nur Veränderungen für das schwimmende Schelf-, nicht jedoch für das auf dem Boden aufliegende Gletschereis.

Gudmundsson vermutet, dass dieser Gezeiteneinfluss viele weitere Gletscher in Arktis und Antarktis beeinflusst – etwa rund um den Ronne-Eisschelf, wo sich Ebbe und Flut täglich mit sehr großen Unterschieden ablösen. Inwiefern der Klimawandel und der deswegen prognostizierte dauerhafte Meeresspiegelanstieg zukünftig die Fließgeschwindigkeit beeinflussen könnte, sollen nun weitere Forschungsarbeiten und Modellierungen klären helfen. (dl)

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