Direkt zum Inhalt

Beliebte Theorie: Gibt es bei Vollmond mehr Erdbeben?

Wenn Sonne, Mond und Erde in einer Linie stehen, kommt es häufiger zu Erdbeben, besagt eine populäre Theorie. Aber stimmt sie?
Seismogramm

Kommt es bei Neu- oder Vollmond eher zu schweren Erdbeben? Die Theorie ist populär, schließlich klingt der Mechanismus einleuchtend: Wenn Sonne, Mond und Erde ungefähr in einer Linie stehen, zerrt ihre Schwerkraft besonders stark an der Planetenoberfläche, was sich etwa durch Springtiden bemerkbar macht. Da ist es doch nur plausibel, dass die Anziehungskräfte der Gestirne zu diesen Zeiten auch an den Verwerfungen entlang der Kontinentalplatten rütteln, oder?

Tatsächlich berichteten Wissenschaftler 2016 im angesehenen Fachmagazin "Nature Geoscience" von einer Korrelation zwischen Tagen mit großer Tidenspannung und dem Auftreten einiger besonders heftiger Beben mit einer Magnitude jenseits der 8,0. Die wenigsten Forscher hätten daraus wohl eine Kausalität abgeleitet, zumal sich der Trend verflüchtigte, wenn man auch schwächere Beben berücksichtigte.

Insgesamt glauben nicht allzu viele Experten an einen Zusammenhang zwischen Mond und Beben. Manchem scheint das Thema sogar regelrecht auf den Geist zu gehen. Die angesehene Seismologin Susan E. Hough vom United States Geological Survey entschied sich nun, den Mythos ein für alle Mal auf seinen Wahrheitsgehalt hin abzuklopfen. Sie nahm die umfassende Erdbebendatenbank der US-amerikanischen Ozeanografie-Behörde NOAA zur Hand und betrachtete einen Zeitraum, der bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht.

Diese Datensammlung von 204 schweren Erdbeben verglich Hough mit den Mondkalendern der entsprechenden Zeiträume. Dabei zeigte sich zwar eine leichte Häufung von schweren Erdbeben an manchen Tagen des 29,5-tägigen Zyklus. Das sei aber völlig im Rahmen einer rein statistischen Zufallsverteilung, schreibt die Seismologin. Insgesamt sprächen die historischen Daten weder dafür, dass Erdbeben mit einer Magnitude größer als 8,0 vermehrt an bestimmten Tagen auftreten, noch dafür, dass sie von der Mondphase beeinflusst werden.

Gänzlich ausschließen will die Wissenschaftlerin aber nicht, dass Voll- und Neumond die Erdbebenwahrscheinlichkeit erhöhen könnten. Letztlich gebe es gewaltige Erdbeben zu selten, um die Frage sicher zu beantworten. Wenn, dann sei der Einfluss des Mondes aber winzig, mahnt die Forscherin im Fachmagazin "Seismological Research Letters": Allenfalls könne der Erdtrabant die Erdbebenwahrscheinlichkeit an manchen Tagen um fünf Prozent erhöhen. Vermutlich tue er es aber überhaupt nicht.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.