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Tierwelt: Giftige Kröte erobert Madagaskar

Die Schwarznarbenkröte aus Südostasien hat mit Hilfe der Menschen eine neue Heimat gefunden. Für die einzigartige Fauna der Insel ist das keine gute Nachricht.
Schwarznarbenkröte

Seit einigen Jahren breitet sich die Schwarznarbenkröte (Bufo melanostictus) ungehindert auf Madagaskar aus. Sie stammt ursprünglich aus Südostasien und wurde auf die Insel vor der ostafrikanischen Küste durch Menschenhand verschleppt. Und dort droht sie zum Problem für die ohnehin gefährdete Tierwelt des Landes zu werden, befürchten Benjamin Marshall von der Bangor University und sein Team in »Current Biology«. Die Lurche sind giftig, und potenzielle Fressfeinde in Madagaskar haben keinerlei Resistenzen gegen das Toxin: Durch den Verzehr könnten sie massenhaft sterben, so die Biologen.

Die Kröten scheiden über Hautdrüsen die Bufadienolide aus – Steroide, welche die Natrium-Kalium-Pumpe in den Zellmembranen der Angreifer hemmt oder völlig blockiert. Dadurch greift das Gift in das Herz-Kreislauf-System ein und wirkt ab einer bestimmten Konzentration tödlich durch Kreislaufversagen. Um herauszufinden, welche von 77 potenziellen Fressfeinden aus Madagaskar immun gegen das Gift sind, untersuchten die Wissenschaftler die für die Pumpe verantwortlichen Gene der Tiere. Von den in Frage kommenden 27 Schlangen-, 2 Eidechsen-, 12 Frosch-, 8 Säugetier- und 28 Vogelarten wies nur eine einzige Spezies Anzeichen von Resistenz auf: Die Madagaskar-Weißschwanzratten (Brachytarsomys albicauda) könnten die Kröten fressen, ohne daran umzukommen. Schwere Sorgen machen sich Marshall und Co dagegen um die Fossas und Tenreks der Insel, die zu den größten Beutegreifern Madagaskars gehören.

Der Fall der Schwarznarbenkröte erinnert an die eng verwandten Agakröten (Bufo marinus), die aus Südamerika stammen und sich unkontrolliert in Australien ausbreiten. Dort sollten sie Schädlinge in Zuckerrohrplantagen in Schach halten, doch entwickelten sie vor allem einen Appetit auf australische Kröten und Frösche. Auch sie sondern ein Bufotoxin ab, das dem der Schwarznarbenkröte gleicht. Schlangen, Säugetiere und sogar Krokodile starben in Australien bereits massenhaft daran, nachdem sie sich an den Lurchen versucht hatten. Alle Versuche, die Ausbreitung der Agakröten in Australien zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen, sind bislang gescheitert. Angesichts dieser Entwicklung drängen die Forscher darauf, rasch Maßnahmen gegen die Schwarznarbenkröte zu ergreifen, um die unter Druck stehende Artenvielfalt Madagaskars nicht noch zusätzlich zu gefährden.

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