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Glaube und Persönlichkeit: Agnostiker ticken anders als Atheisten

Glaubst du an Gott? Agnostiker sagen: Ich weiß es nicht. Dahinter steckt ein besonderes psychologisches Profil.
Ein Mann sitzt nachdenklich auf einem Bett in einem Schlafzimmer. Er trägt ein beiges T-Shirt und karierte Pyjamahosen. Im Hintergrund sind ein Regal mit Pflanzen und eine leuchtende Stehlampe zu sehen. Der Raum ist durch einen Vorhang abgedunkelt.
Typisch für Agnostiker: Sie zögern und hadern länger mit Entscheidungen. (Symbolbild)

Religiöse Menschen glauben an Gott; Atheisten glauben, dass es keinen Gott gibt. Agnostiker hingegen glauben weder das eine noch das andere. Sie sagen: Seine Existenz lässt sich nicht beweisen, seine Nichtexistenz aber auch nicht. Damit liegen sie nicht einfach in der Mitte zwischen religiösen und nichtreligiösen Menschen – vielmehr haben sie ein ganz eigenes psychologisches Profil. Zu diesem Schluss kommen Moise Karim und Vassilis Saroglou von der Katholischen Universität Löwen in Belgien in der Fachzeitschrift »Self & Identity« nach Auswertung einer britischen Umfrage.

Unterschiede zwischen religiösen und nichtreligiösen Menschen sind hinlänglich bekannt. Nicht an Gott zu glauben, gilt zum Beispiel als Indiz für Intelligenz und analytisches, reflektiertes Denken, Religiosität dagegen für intuitives Denken, emotionale Intelligenz und Wohlbefinden. Agnostiker werden häufig zwischen diesen beiden Polen verortet, doch das trifft nicht immer zu: Sie geben beispielsweise im Schnitt ein noch geringeres Wohlbefinden an als Atheisten, die in Sachen Zufriedenheit bereits hinter Gläubigen zurückbleiben. Auf der Suche nach weiteren Unterschieden befragten die Religionspsychologen Karim und Saroglou 334 britische Erwachsene zwischen 19 und 82 Jahren unter anderem nach ihrem Glauben, ihrer Persönlichkeit und ihrem Entscheidungsverhalten.

Ergebnis: Mehr als Atheisten und Religiöse gaben Agnostiker an, mit Entscheidungen lange zu zögern und zu hadern. Eine solche Unentschlossenheit ist mit Ängsten und Depressionen verbunden. Die aktuelle Studie bestätigte das: Agnostiker beschrieben sich als emotional instabiler. Außerdem suchten sie vermehrt »nach Alternativen im Leben«. Darin zeigt sich einerseits ihre ausgeprägte Offenheit, aber auch ein Hang zu Perfektionismus und Unzufriedenheit.

Das passt zu einer weiteren Eigenheit von Agnostikern: Sie neigten weniger als Gläubige und Atheisten dazu, sich selbst durch eine rosarote Brille zu sehen. Die religiösen Befragten etwa hielten sich für besonders sozial – zu Unrecht, wie frühere Studien bereits belegten. Allerdings tut eine solche verzerrte Selbsteinschätzung in der Regel eher gut. Agnostiker dagegen machen sich das Leben schwer, indem sie sich nicht so leicht zufriedengeben: nicht mit sich selbst und nicht mit einer Glaubensentscheidung.

  • Quellen

Self and Identity, advanced online publication, 10.1080/15298868.2025.2467733, 2025

Social Compass 72, 10.1177/00377686241311832, 2025

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