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News: Globale Erwärmung stört innere Uhr

Für die Larven des kleinen Frostspanners ist die Wahl des richtigen Zeitpunktes lebensnotwendig. Schlüpfen sie zu früh, dann ist ihre Leibspeise - Eichenblätter - noch nicht vorhanden. Schlüpfen sie zu spät, dann sind die Blätter bereits zäh und ledrig. Die innere Uhr des Kleinschmetterlings wird von der Außentemperatur gesteuert, und aufgrund der wärmeren Durchschnittswerte im Frühjahr schlüpfen sie jetzt lange vor dem Blattaustrieb der Eichen.
Das Leben des kleinen Frostspanners (Operophtera brumata), einer waldbewohnenden Schmetterlingsart, währt nur kurz. Im späten Herbst oder frühen Winter verlassen die ausgewachsenen Tiere ihre Kokons und die flügellosen Weibchen paaren sich am Fuße von Eichen. Anschließend krabbeln sie auf die Bäume und legen ihre Eier ab. Nach einer Ruhepause beginnen die Eier sich im späten Februar zu entwickeln. Wenn die Bäume austreiben und die Eichenblätter noch zart sind, schlüpfen die Raupen. In manchen Jahren sind sie in der Lage, ganze Eichenwälder kahl zu fressen. Nach vier bis acht Wochen sind die Raupen dann soweit, dass sie sich mit Hilfe eines Spinnfadens auf den Waldboden abseilen und sich in der Streu verpuppen.

In den letzten 25 Jahren sind allerdings die Durchschnittstemperaturen im Frühling angestiegen. Das hat die Synchronisation der Lebenszyklen durcheinandergebracht, da die beiden Organismen die Temperatur unterschiedlich zur Justierung ihrer inneren Uhr nutzen. Die Larven schlüpfen jetzt bis zu drei Wochen vor dem Blattaustrieb und finden so nur kahle Bäume vor, auf denen sie verhungern, berichten Marcel Visser und Leonard Hollemann vom Netherlands Institute of Ecology.

Der Tod der Frostspannerlarven hat aber weitreichende Konsequenzen für Waldökosysteme. Weniger Insekten bedeutet weniger Futter für insektenfressende Vögel wie zum Beispiel Meisen. Das hat wiederum Auswirkungen auf den Bestand von Sperber und Wiesel, die sich beide von Singvögeln ernähren. In einer früheren Studie hatten die Wissenschaftler festgestellt, dass die Kohlmeisen (Parus major) in Holland ihre Eier nicht früher legen. Britische Kohlmeisen hingegen hatten ihre Fortpflanzung der früheren Verfügbarkeit ihrer Hauptnahrungsquelle angepasst.

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  • Quellen
Nature Science Update
Proceedings of the Royal Society B 268: 289–294 (2001)

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