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Im Medizinschrank: Glucosamin, eher unwirksam bei Gelenkschmerzen

Mittel mit Glucosamin sind beliebt, weil sie bei Arthrose verschlissenen Knorpel im Gelenk wieder aufbauen sollen. Beweise für ihre Wirkung gibt es allerdings nicht.
Ein Mann liest die Beschreibung der Inhaltsstoffe eines Medikaments.

Tabletten gegen Kopfweh und Magenschmerzen, Salben für Brandwunden und Sportverletzungen – eine ordentliche Hausapotheke ist umfassend ausgestattet. Doch was für Wirkstoffe stecken eigentlich in den Medikamenten? Welche Mittel helfen wirklich, was ist umstritten? Und gibt es vielleicht eine gesündere Alternative? Wir werfen regelmäßig einen Blick auf die Mittel im Medizinschrank. Dieses Mal: Glucosamin, das gegen Gelenkschmerzen helfen soll.

Wer kauft das?

Fast jeder fünfte Erwachsene in Deutschland hat Probleme mit einem Gelenk. Arthrose, der umgangssprachliche Gelenkverschleiß durch Knorpelschäden, ist vor allem bei Älteren verbreitet: Fast die Hälfte der Frauen ab 65 ist erkrankt und jeder dritte Mann. Mehr als die Hälfte der Betroffenen haben Schmerzen im Knie, ein Viertel plagt das Hüftgelenk. Anfangs greifen viele auf rezeptfreie Nahrungsergänzungsmittel aus Apotheke oder Drogerie zurück, die oft die Wirkstoffe Glucosamin und Chondroitin enthalten.

Wie wirkt das und wie gut?

Wer mit Glucosamin-Kapseln Geld verdient, schreibt dem Aminozucker eine entzündungshemmende, schmerzlindernde Wirkung zu. Glucosamin, sagen die Hersteller der Präparate, sei ein natürlicher Bestandteil des Knorpels und werde nach der Einnahme ebenso wie das knorpelerneuernde Chondroitin in das verschlissene Gelenk eingebaut. Dafür gibt es jedoch keine Beweise. Weil unklar ist, ob die beiden Stoffe das schmerzende Knie überhaupt erreichen, dürfen »Nahrungsergänzungsmittel mit Glucosamin und Chondroitin nicht mit positiven Wirkungen auf die Gelenke beworben werden«, schreibt etwa die Verbraucherzentrale. »Studienergebnisse zeigen immer wieder, dass Glucosamin und Chondroitin meist nicht mehr Wirkung erzielen als Placebos.« Das Bundesinstitut für Risikobewertung bemängelt ebenfalls »fehlende Daten«, »Ökotest« bewertete kein Nahrungsergänzungsmittel gegen Gelenkschmerzen besser als »ausreichend«. Auch in der Behandlungsleitlinie Kniearthrose für Ärzte steht, dass die Studienlage widersprüchlich ist.

Was sind häufige Nebenwirkungen?

Die Einnahme von Chondroitin und Glucosamin kann zu Übelkeit, Erbrechen, Sodbrennen, Bauchweh, Verstopfung, Durchfall, Kopfschmerzen und Schwindel führen. Menschen mit Diabetes sollten bedenken, dass Glucosamin den Blutzuckerspiegel durcheinanderbringen kann. Wer gegen Krebstiere oder Fisch allergisch ist, sollte die Mittel nicht nehmen: Glucosamin stammt aus Garnelen oder Krabben, Chondroitin oft aus Hai oder Rochen. Die Wirkung von Blutgerinnungshemmern kann Glucosamin verstärken, so dass Blutungen drohen.

Was ist die Alternative?

Das beste Mittel bei Arthrose ist Aktivität: Nur bei Bewegung gelangen Nährstoffe ins Gelenk und zum defekten Knorpel. Weil ein einmal defekter Knorpel sich nicht wieder erholt, lohnt es sich, die gelenkumgreifende Muskulatur zu kräftigen, was entlastend wirkt. Wer bereits Arthrose hat, sollte gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren vorziehen.

Wann sollte man doch zum Arzt gehen?

Schmerzt ein Gelenk, ist immer ein Arztbesuch angezeigt, egal, was die Ursache ist. Erster Ansprechpartner kann der Hausarzt sein oder direkt ein Orthopäde. Typischerweise schmerzt Arthrose nicht nur während der Belastung, sondern vor allem danach. Das Gelenk reagiert auf Beanspruchung oft erst nach einer Ruhepause, schwillt dann an und erscheint warm.

Die perfekte Hausapotheke

  • Hinein sollten auf jeden Fall: sterile Kompressen, Mullbinden, Verbandpäckchen und -watte. Ebenso diverse Pflaster, ein Dreiecktuch und Klammern, um Verbände festzustecken. Zudem ist es sinnvoll, eine Schere, ein Fieberthermometer, Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel parat zu haben.
  • Hilfreich sind die Regeln für erste Hilfe und eine Liste mit den wichtigsten Rufnummern (112, ärztlicher und zahnärztlicher Bereitschaftsdienst, Apothekennotdienst). In einer Notsituation vergisst man solche Nummern schnell.
  • Standardmedikamente sind Mittel gegen Herpes, Sodbrennen, Magenschmerzen, Durchfall oder Verstopfung, Fieber, Halsweh, Kopfschmerzen. Ebenso ratsam: Salben, die Brand- oder Sportverletzungen lindern.
  • Verschreibungspflichtige Arzneien wie zum Beispiel Blutdruckmittel oder Opiate gehören hingegen nicht in die Box.
  • Dunkel, kühl und trocken – so ist der perfekte Ort für die Hausapotheke. Bestenfalls steht sie also im Schlafzimmer oder Flur, nicht im Bad oder in der Küche.
  • Um Kinder zu schützen, sollte die Box abschließbar sein.
  • Für was war das noch gleich? Notizen auf der Verpackung und die Beipackzettel helfen.
  • Und wichtig: Prüfen Sie mindestens einmal im Jahr, ob noch alles drin und haltbar ist.

Alle Teile der Serie finden Sie auf der Sammelseite »Im Medizinschrank«.

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