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Ursprung der Elemente: Wie Gold schon kurz nach dem Urknall entstand

Das frühe Universum enthielt mehr schwere Elemente, als es sollte. Gigantische Explosionen an exotischen Objekten erklären nun das Paradox, das Fachleuten jahrzehntelang Rätsel aufgab.
Ein leuchtendes, weißes Licht in der Mitte eines blauen, nebelartigen Hintergrunds, das von symmetrischen, leuchtenden Linien umgeben ist, die ein Magnetfeld darstellen. Der Hintergrund zeigt einen Sternenhimmel.
Magnetare sind Neutronensterne mit extremen Magnetfeldern und noch extremeren Explosionen. Aus der Nähe, wie in dieser Abbildung, könnte man sie nur sehr kurz sehen, weil man quasi sofort tot wäre.

Gold steht im Zentrum eines der größten Rätsel der Astrophysik. Es entsteht nämlich zusammen mit anderen schweren Elementen, wenn Neutronensterne kollidieren – doch es tauchte im frühen Universum auf, lange bevor dieser Mechanismus genug davon erzeugen konnte. Nun ist dieses Paradox womöglich aufgelöst, denn ein anderer Vorgang produziert ebenfalls sehr viel Gold. Laut einer Arbeitsgruppe um Anirudh Patel von der Columbia University in New York entstehen so schwere Atome auch bei energiereichen Explosionen auf Neutronensternen mit extremen Magnetfeldern, den Magnetaren. Wie das Team in der Fachzeitschrift »The Astrophysical Journal Letters« berichtet, stammt bisher unerklärte Strahlung eines solchen Flares im Jahr 2004 von diesem Prozess. Magnetare könnten so schon das frühe Universum mit schweren Elementen angereichert haben.

Das Problem mit Stoffen wie Gold ist, dass sie schwerer sind als Eisen – das massereichste Element, das bei seiner Entstehung noch Energie freisetzt. Deswegen bilden sich solche schweren Atomkerne nicht bei der klassischen Kernfusion in Sternen. Allerdings wurden schwere Elemente schon in enorm alten Sternen nachgewiesen, sie müssen also auf recht einfache Weise hervorgehen. Bisher ist allerdings weitgehend rätselhaft, wie und wo. Sie entstehen nur durch eine besondere Art von Fusionsreaktion, den so genannten r-Prozess. Der findet unter exotischen Umständen statt, unter denen Atomkerne bei außergewöhnlich hohen Temperaturen sehr viele Neutronen einfangen können. Diese neutronenreichen Klumpen wandeln sich zu radioaktiven Transuranen wie Einsteinium oder Fermium um. Sie zerfallen dann zu leichteren Kernen und setzen dabei energiereiche Gammastrahlung frei.

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Diese Gammastrahlung passt zu einem bislang mysteriösen Nachleuchten eines extremen Strahlungsausbruchs, der am 27. Dezember 2004 beim Magnetar SGR 1806–20 beobachtet wurde. Rund sieben Minuten nach dem eigentlichen energiereichen Ausbruch tauchte in dessen Spektrum eine neue Gammastrahlenkomponente auf, die nach rund zwei Stunden wieder verschwand. Ursache des Nachleuchtens ist, wie das Team um Patel argumentiert, der radioaktive Zerfall von Transuranen zu leichteren Elementen wie Gold. In einer Arbeit von 2024 hatten an der aktuellen Veröffentlichung beteiligte Fachleute bereits im Detail simuliert, wie die Elemente bei einem Magnetar-Flare durch den r-Prozess entstehen könnten.

Die Strahlung von Magnetar SGR 1806–20 passe sehr gut zu eben diesem Szenario, schreiben die Fachleute nun. Demnach schleuderte die ursprüngliche Explosion große Mengen Material aus der Neutronensternkruste in den Weltraum. Diese Auswurfmasse war heiß genug und enthielt einen hinreichend großen Anteil an Neutronen, so dass der r-Prozess stattfinden konnte. In den ersten 400 Sekunden war das Plasma der Auswurfmassen so dicht, dass lediglich thermische Strahlung entwich. Doch schließlich lichtete sich der Plasmanebel und enthüllte das verräterische Signal. Wie die Fachleute berichten, bestand es aus einem »Wald« von Emissionslinien, die prinzipiell einzelnen Zerfällen von Transuranen zugeordnet werden können. Dadurch ließe sich sicher nachweisen, dass dort ein r-Prozess stattfand. Insgesamt seien bei dieser einen Explosion etwa 27 Mondmassen an schweren Elementen entstanden, schätzt das Team in der Veröffentlichung.

  • Quellen
Astrophysical Journal Letters 10.3847/2041–8213/adc9b0, 2025

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