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Gravitationswellen: Hinweis auf kosmisches Superbrummen

Seit Langem suchen Forscher nach besonderen Gravitationswellen, die von supermassereichen Schwarzen Löchern ausgehen. Nun könnten sie eine Spur dieses kosmischen Hintergrundrauschens entdeckt haben.
Gravitationswellen

Astrophysiker könnten eine neue Form von Gravitationswellen aufgespürt haben, die auf besonders massereiche Schwarze Löcher zurückgeht. Ihre Wellenlänge wäre viel größer als die der bisher nachgewiesenen Gravitationswellen – statt einiger Sekunden würden sie Jahre benötigen, um die Erde zu passieren.

Klassische Detektoren wie die des LIGO-Observatoriums können sie daher nicht nachweisen: Die L-förmigen Laserinterferometer halten lediglich nach kurzen und sehr markanten Raumzeitbeben Ausschau. Sie stauchen die vier Kilometer langen Tunnel der Anlagen kurzzeitig um einen knappen Atomkerndurchmesser. Die Gravitationswellen gehen hierbei meist auf kollidierende Schwarze Löcher mit einigen dutzend Sonnenmassen zurück; der Zusammenstoß peitscht die Raumzeit kurz auf und schickt Gravitationswellen mit einer Frequenz von einigen hundert Hertz auf den Weg.

Gravitationswellen sind winzige Erschütterungen der Raumzeit, die Albert Einstein 1915 in seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hat und die Menschen erstmals 2015 nachgewiesen haben. Die Raumzeitbeben entstehen, wenn irgendwo im Weltall riesige Massen beschleunigt werden, beispielsweise bei der Kollision zweier Schwarzer Löcher. Die dabei losgetretenen Schwingungen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit in alle Raumrichtungen aus – und können nahezu ungehindert das gesamte Weltall durchdringen. Auf der Erde kann man Gravitationswellen mit Laserinterferometern nachweisen: Die Anlagen bestehen aus zwei jeweils drei bis vier Kilometer langen Tunneln, die wie ein »L« angeordnet sind und in denen Laserstrahlen hin und her laufen. Trifft eine Gravitationswelle einen dieser Arme, wird die Strecke minimal gestaucht, wodurch das Licht die Distanz zum Ende des Tunnels um den Bruchteil einer Sekunde schneller zurücklegt.

Aus kosmischer Sicht sind derartige Ereignisse allerdings kaum mehr als ein Fiepen, das für einen Moment aus dem monotonen Brummen der Ewigkeit heraussticht. Letzteres stammt vermutlich aus den Zentren besonders mächtiger Galaxien, in denen sich zwei supermassereiche Schwarze Löcher belauern. Jedes von ihnen vereint Milliarden Sonnenmassen in seinem Inneren. Gemeinsam durchpflügen sie die Raumzeit wie die Arme eines riesigen Handmixers.

Dabei versetzen die Giganten das Raumzeitgefüge in Schwingung. Die Erschütterungen gleichen hier allerdings weniger einem plötzlichen Erdbeben als einem gemächlichen, nie enden wollenden Rütteln. Auf der Erde sollte es zu jeder Zeit als Gravitationswellenrauschen im Nanohertzbereich nachweisbar sein – wenn man denn die richtigen Messgeräte benutzt.

© B. Saxton and A. Angelich (NRAO/AUI/NSF); David W. Hogg, Michael R. Blanton, and the Sloan Digital Sky Survey Collaboration
Wie NANOGrav funktioniert
Wenn eine große Gravitationswelle die Erde trifft, beeinflusst das die Signale umliegender Pulsare.

In Frage kommen Radioteleskope, die ferne Pulsare beobachten: Ausgebrannte, extrem kompakte Sterne, die sehr schnell rotieren und in einem festen Takt Radiopulse in unsere Richtung feuern. Verfolgt man diese Signale über viele Jahre, lässt sich daraus ablesen, ob die Erde gerade in eine bestimmte Richtung verschoben wird, etwa von einer besonders großen Gravitationswelle.

Das NANOGrav-Projekt hat 12,5 Jahre nach solch einem Signal gesucht. Die Basis hierfür bildeten die Daten von 45 Pulsaren, die das Team mit dem mittlerweile stillgelegten Arecibo-Teleskop und dem Greenbanks-Teleskop gesammelt hat. Dabei stießen die Forscher auf ein rätselhaftes Rauschen, das vom Gravitationswellen-Hintergrund stammen könnte, wie sie in den »Astrophysical Journal Letters« berichten.

Noch bestehen allerdings Zweifel, ob es sich wirklich um das Brummen supermassereicher Schwarzer Löcher handelt: Die Form des Signals entspricht nicht genau dem, was die Wissenschaftler in diesem Fall erwarten würden. In Frage kommen somit auch irdische Störsignale, die man bisher übersehen hat. Weitere Tests und Messungen seien daher nötig, bis man die endgültige Entdeckung der neuen Gravitationswellenvariante verkünden könne.

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