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Griechenland: Heldenkult für Odysseus auf Ithaka entdeckt

Der listige König von Ithaka ist ein berühmter Held griechischer Mythen. Nun haben Archäologen auf der westgriechischen Insel eine tatsächliche Kultstätte für Odysseus entdeckt.
Eine antikisierende Illustration zeigt eine Szene aus der griechischen Mythologie. Ein großer, sitzender Zyklop mit einem Tuch um den Kopf beobachtet eine Gruppe von Menschen. Einer der Menschen, in einem antiken Gewand, reicht dem Zyklopen eine Schale. Im Hintergrund sind weitere Personen und ein Schaf zu sehen. Die Szene spielt in einer Höhle.
Odysseus gießt dem Kyklopen Polyphem kräftig Wein ein. Die Zeichnung des Bildhauers John Flaxman illustriert eine Ausgabe der homerischen Epen von 1878.

Er ist der Held in Homers Epos die »Odyssee«: Odysseus, der kluge König von Ithaka, der zehn Jahre lang im Trojanischen Krieg auf der Seite der Griechen kämpft, sich auf der Heimfahrt mit Poseidon anlegt und in eine Irrfahrt taumelt – für weitere zehn Jahre. Das ist der Odysseus des Mythos, doch in der Antike wurde der Held auch kultisch verehrt. Nun haben Archäologen um Jannos Lolos von der Universität Ioannina am Fundort Scholi Omirou auf der griechischen Insel Ithaka Artefakte entdeckt, die einen antiken Heroenkult für Odysseus bezeugen, wie die Fachleute in einer Pressemitteilung des griechischen Kulturministeriums mitteilen. Bisher war ein solches Odysseion nur aus einer hellenistischen Inschrift bekannt, in der von einem Kultort und Spielen für den Helden auf Ithaka die Rede ist.

Die Fundstätte Scholi Omirou besteht aus zwei Felsterrassen, die über Stufenwege miteinander verbunden sind. Auf der unteren der beiden Felsflächen dokumentierten die Ausgräber Überreste eines rechteckigen Baus, den sie auf Grund der Funde als Kultstätte für Odysseus identifizieren. Sie bargen dort vor allem Keramikfragmente aus hellenistischer und römischer Zeit, also ungefähr aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. bis 2. Jahrhundert n. Chr. Zu den Funden zählen Bruchstücke, die mit dem Namen »Odysseus« beschriftet sind. Außerdem kamen Überreste von kultisch genutzten Wasserbecken (Perirrantheria), tönerne Votive und Schmuck zum Vorschein. Weil sich auch mehr als 100 Münzen aus diversen antiken Städten fanden, dürfte laut den Archäologen das Odysseion von Ithaka weithin bekannt gewesen sein.

Schon zuvor hatten Fachleute in Scholi Omirou auf Ithaka gegraben, etwa am Anfang des 20. Jahrhunderts. Funde aus diesen Grabungen haben Lolos und sein Team ebenfalls gesichtet und darunter das römische Bronzeköpfchen eines bärtigen Mannes mit Spitzhut entdeckt. Bart und Pilos, so der Name der spitzen Kopfbedeckung, waren in der Bildkunst die typischen Attribute des Odysseus. Womöglich handelte es bei der Darstellung des Helden um ein Weihgeschenk.

Schon Jahrtausende zuvor lebten Menschen in Scholi Omirou. Die bislang ältesten Zeugnisse, Feuersteingeräte und Keramikfragmente, stammen aus der späten Jungsteinzeit, genauer gesagt aus dem späten 5. und 4. Jahrtausend v. Chr. Zudem fanden sich Tongefäße sowie ein unterirdisch angelegter Brunnen aus dem 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. Die Ausgräber vermuten, dass während der späten Bronzezeit Scholi Omirou zu einem Netzwerk von sieben bis acht Siedlungen gehörte, die das Gebiet und die Häfen im nordwestlichen Ithaka überwachten.

Protome | Der etwas mehr als drei Zentimeter hohe Kopf mit Schulterpartie stellt vermutlich Odysseus dar. Bart und Spitzkappe sind typische Attribute des antiken Heroen.

Ob schon damals ein Kult für Odysseus existierte oder gar ein König dieses Namens auf der heutigen Insel Ithaka herrschte, ist unbekannt. Verehrung genoss der Held Odysseus sicher erst ab hellenistischer Zeit.

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