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News: Große haben's wärmer

Große Dinosaurier könnten auch ohne 'Warmblütigkeit' sehr aktiv gewesen sein. Beobachtungen großer australischer Krokodile in Australien zeigen, daß etwa 1000 kg schwere Krokodile viel leichter stabile, gleichbleibende Körpertemperaturen halten können, als kleinere Krokodile. Wendet man diese Erkenntnisse auf hypothetische Reptilien an, die ungefähr zehnmal so groß sind, dann ist eine noch größere Unabhängigkeit der Körpertemperatur von externen Temperaturschwankungen wahrscheinlich.
Neu ist nach Aussage der Wissenschaftler die Erkenntnis, daß die Kerntemperatur tatsächlich mit der Körpermasse ansteigt. Frank Seebacher von der University of Queensland in Brisbane, Australien, und seine Kollegen fanden heraus, daß je größer die Krokodile werden, das heißt je größer das Innenvolumen im Verhältnis zu ihrer Oberfläche ist, umso schwieriger wird es für sie Wärme durch Oberflächenkonvektion abzugeben (Journal of Experimental Biology vom 7. Dezember 1998, Abstract). Es kommt zu einem Nettoanstieg der Kerntemperatur. Anstatt sich also Sorgen zu machen, daß sie zu sehr abkühlen, um noch aktiv sein zu können, haben große Reptilien – und hatten möglicherweise die Dinosaurier – Schwierigkeiten mit Überhitzung. Große Krokodile umgehen dieses Problem, indem sie ihre Temperatur durch ihr Verhalten regulieren. Das heißt, sie gehen zu bestimmten Tageszeiten in die Sonne und wieder zurück in den Schatten, um ihre Kerntemperatur stabil zu halten – dieses Muster ändert sich mit den Jahreszeiten. Wären Dinosaurier Kaltblüter gewesen wie die Krokodile, hätten sie sich genauso verhalten müssen. In der Tat wären große Dinosaurier, die in den Tropen lebten, während der Sommermonate möglicherweise regelrechte Nachtiere gewesen.

Generell herrscht die Überzeugung vor, daß sich der Stoffwechsel von Reptilien mit zunehmender Größe verlangsamt. Die neuen Ergebnisse zeigen, daß dies nur bis zu einem bestimmten Punkt zutrifft. Bei Reptilien, die mehr als 50 kg wiegen, steigt der Stoffwechsel dann mit der Masse – da er eine Funktion der Kerntemperatur ist. Die Entdeckung, daß die Kerntemperatur mit zunehmender Masse steigt, führt zu dem Schluß, daß große Reptilien einen weit aktiveren Stoffwechsel besitzen, als man für ihre Größe erwarten würde. Dies hätte es auch großen Dinosauriern erlaubt, körperlich viel aktiver zu sein, als es bei einer konstanten Kerntemperatur, die von der Masse unabhängig ist, zu erwarten gewesen wäre.

Dieses Ergebnis ist für Paläontologen interessant, die über die Physiologie der Dinosaurier spekulieren und darüber, ob sie warmblütig waren, wie Vögel und Säugetiere, oder eben nicht. Warmblüter besitzen eine Physiologie, die den Körper trotz äußerer Einflüsse auf einer konstanten Temperatur hält. Im Gegensatz zu ihnen wird bei Reptilien die Körpertemperatur durch die äußere Umwelt bestimmt und kann, wie bei Krokodilen beobachtet, nur durch Verhalten reguliert werden. Tatsächlich sind die Begriffe endotherm bzw. ectotherm korrekter, da sie die Erzeugung von Wärme durch innere Mechanismen und durch die Umwelt berücksichtigen.

Die Frage ob Dinosaurier endotherm (warmblütig) oder ectotherm (kaltblütig) waren beschäftigt Paläontologen seit 150 Jahren. Als die Dinosaurier zum ersten Mal studiert wurden, Mitte des 19. Jahrhunderts, nahm man an, daß sie aktive Tiere waren, wie die Vögel. Später hielten Wissenschaftler sie für riesige ectotherme Reptilien – die sich langsam bewegten und auch im Kopf etwas "träge" waren. Obwohl sie theoretisch ectotherm waren, hätte es ihnen ihre Größe erlaubt, eine konstante Temperatur aufrechtzuerhalten, trotz eines Stoffwechsels von enormer Langsamkeit. Dieses Bild geriet in den 70ern ins Wanken, als sich auf der Grundlage neuer und aufregender Funde zeigte, daß Dinosaurier viel aktiver waren, als man geglaubt hatte. Es war allerdings schwer vorstellbar, wie ein ectothermes Reptil, sogar eines mit einer konstanten Kerntemperatur als Funktion der Größe, die hohe Stoffwechselrate aufbringen konnte, die erforderlich ist, um den aktiven Lebensstil, der durch die Fossilienfunde angedeutet wurde, zu unterhalten.

Die neue Arbeit zeigt, daß die Kerntemperatur und damit die Stoffwechselrate, als Funktion einer zunehmenden Masse steigt: Daher kann man sich also einen Dinosaur vorstellen, der so aktiv ist wie ein Säugetier oder ein Vogel, auch ohne eine ähnliche endotherme Physiologie. Das Blut der Dinosaurier könnte trotzdem bis zu 36 Grad Celsius warm gewesen sein.

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