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News: Großherzige Menschen leben gefährlich

Wenn unser Herz größer wird, ist das ein Gesundheitsrisiko, das mehr Menschen betrifft als man denkt. Offenbar gibt es für das bedrohliche Wachstum eine genetische Veranlagung.
Wie jeder andere Muskel, ist auch unser Herz in der Lage, sich verschiedenen Belastungen anzupassen. Sportler zum Beispiel haben größere Herzen, weil sie ihren Körper regelmäßig mit besonders viel Sauerstoff versorgen müssen. Allerdings bilden sich bei gut Trainierten keine neuen Muskelfasern, bei ihnen kommt es vielmehr zu einer "Aufblähung" des Herzens: Die vorhandenen Fasern werden dicker, ohne dass sich dabei ihre Anzahl verändert – man nennt das eine Hypertrophie.

Eine andere Ursache für solches Wachstum, mit der ein großer Teil unserer Bevölkerung zu kämpfen hat, ist Überbelastung – zum Beispiel durch Bluthochdruck. Ein übergroßes Herz arbeitet weniger effizient – sogar die elektrischen Signale, die als Schrittmacher dem Herz den Takt vorgeben, können gestört werden. Im schlimmsten Fall droht ein plötzlicher Herzstillstand.

Herzhypertrophie ist keineswegs ein exotisches Leiden: Bei 15 bis 20 Prozent aller Deutschen über 35 Jahren, das ergaben Studien, sind bereits erste Anzeichen einer Herzhypertrophie zu erkennen. Sie ist Folge des Bluthochdrucks etwa durch falsche Ernährung, Rauchen oder mangelnde Bewegung.

Jetzt fand eine Forschergruppe unter Leitung Eric Olsons von der University of Texas Southwestern aber auch einen Zusammenhang zwischen Herzhypertrophie und einem Gen namens HDAC9. Die Forscher hatten Knockout-Mäuse kreiert, denen jenes HDAC9 fehlte und ihre Entwicklung mit der normaler Mäuse verglichen.

Nach dem ersten Lebensmonat ließen sich zunächst keinerlei Unterschiede feststellen, woraus die Forscher zunächst schlossen, dass das Gen auf normal heranwachsende Herzen keinen Einfluss hat. Nach weiteren sieben Monaten allerdings wiesen die Mäuse, denen HDAC9 fehlte, um insgesamt 46 Prozent größere Herzen auf.

Noch deutlicher waren die Ergebnisse des zweiten Versuchs, bei dem die Wissenschaftler beobachteten, wie die Mäuseherzen reagieren, wenn ihnen das Pumpen erschwert wird. Olson und seine Kollegen behinderten dazu den Blutfluss in der Brustaorta, was die Mäuse zwangsläufig durch eine Vergrößerung der Herzen kompensierten. Während bei den normalen Mäusen das Gewicht der dafür maßgeblichen linken Herzkammer nach drei Wochen um durchschnittlich 56 Prozent zunahm, legten die Mäuseherzen ohne HDAC9 im Schnitt um 105 Prozent an Masse zu.

Die Forscher sind sich sicher: Während Bluthochdruck Hypertrophien verursacht, könne HDAC9 dem entgegenwirken. Olson ist der Meinung, dass das Gen in diesem Zusammenhang übermäßiges, unkontrolliertes Wachstum zwar nicht vollständig verhindert, aber zumindest deutlich verringert. Er sieht junge Herzen in ihrer Entwicklung dagegen nicht behindert.

Spannend ist jetzt die Frage, ob sich die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen – denn dann könnte man durch einen einfachen Test der HDAC9-Funktion schon bei Gesunden beurteilen, ob ein erhöhtes Risiko besteht, an Herzhypertrophie zu erkranken. Sollte Olson in den nächsten Studien an Patienten auch den Zusammenhang beim Menschen beweisen, könnten möglicherweise auch neue Medikamente entwickelt werden.

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