Großrakete: Die zweite New Glenn befördert zwei Marssonden ins All

Erneut kann die Raumfahrtfirma Blue Origin des Amazon-Gründers Jeff Bezos einen großen Erfolg für sich verbuchen: Der zweite Start ihrer Großrakete New Glenn am Abend des 13. November 2025 verlief sehr zufriedenstellend und brachte die beiden NASA-Raumsonden der Marsmission ESCAPADE auf ihren langen Weg zum Roten Planeten. Die Rakete hob um 20:55 Uhr MEZ von der Startrampe LC-36 in Florida ab, alle sieben Triebwerke arbeiteten einwandfrei. Nach nur 3 Minuten und 15 Sekunden erfolgte der Brennschluss des Antriebs und die zweite Stufe der Rakete trennte sich glatt von der Erststufe. Wenige Sekunden später wurde die Nutzlastverkleidung abgeworfen, sie schützte die beiden ESCAPADE-Raumsonden vor der Erdatmosphäre vor und während des Flugs.
Diesmal gelang im Gegensatz zum Erstflug im Januar 2025 die Wiederzündung von drei Triebwerken der Erststufe, um diese kontrolliert zur Erde zurückzuführen, denn sie sollte auf einem unbemannten Drohnenschiff vor der Küste Floridas sanft aufsetzen. Auch das Schubmanöver zur Landung gelang und die Erststufe, als GS-1 für »Glenn Stage 1« bezeichnet, setzte weich auf dem Drohnenschiff auf. Damit ist es nun auch Blue Origin gelungen, die erste Stufe ihrer Großrakete sicher zu landen. Bisher hatte dies nur der Raumfahrtfirma SpaceX des erbitterten Rivalen Elon Musk mit der Starship-Rakete zuwege gebracht. Kurz nach dem Aufsetzen der erste Stufe ließ sich beobachten, wie Treibladungen an den Landebeinen der GS-1 feuerten und Haltebolzen in das Deck des Drohnenschiffs trieben, welche die topplastige Oberstufe vor dem Umkippen durch Seegang bewahren.
Rund neun Minuten nach dem Abheben schwenkte die zweite Stufe der New Glenn, GS-2, in eine vorläufige Erdumlaufbahn ein, nach rund 20 Minuten erfolgte eine weitere Zündung der beiden Raketenmotoren. Etwa eine halbe Stunde nach dem Start trennten sich die beiden ESCAPADE-Marssonden von der zweiten Stufe und machten sich auf ihren Weg zum Lagrangepunkt L2, wo sie für rund ein Jahr sozusagen »geparkt« werden, bis sich das Startfenster zum Mars öffnet. Die Abkürzung ESCAPADE steht für Escape and Plasma Acceleration and Dynamics Explorers. Die beiden Sonden sollen das Umfeld des Mars, seine dünne Atmosphäre und deren Wechselwirkung mit dem Sonnenwind erkunden. Zudem wird der Einfluss des Restmagnetismus mancher Krustenbereiche untersucht, der Rote Planet weist seit langer Zeit kein im Inneren erzeugtes Magnetfeld mehr auf, besaß es aber in seiner Jugend.
Am Lagrangepunkt L2, der sich anderthalb Millionen Kilometer hinter der Erde aus Blickrichtung der Sonne befindet, existiert ein dynamisches Gleichgewicht der Gravitationskräfte von Erde und Sonne, sodass sich hier Raumsonden mit geringem Aufwand an Schub für lange Zeit aufhalten können. Die beiden ESCAPADE-Raumsonden werden im November 2026 durch ein Schubmanöver ihrer Bordantriebe wieder zur Erde zurückgelenkt. Bei Erreichen des geringsten Abstands zum Blauen Planeten zünden ihre Antriebe erneut und bringen sie auf Kurs zum Roten Planeten, wo sie im September 2027 eintreffen sollen. Mit den ersten Beobachtungen im Umfeld des Mars wird im Frühjahr 2028 gerechnet.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.