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News: Grün und Blau magnetisiert

Nirgendwo sind Superlative so kurzlebig wie in der Computerindustrie. Kilobyte, Megabyte, Gigabyte - und die Anwender fordern immer mehr. Jetzt setzten Wissenschaftler zwei neue Ansätze in die Praxis um: Sie synthetisierten eine magnetische Verbindung auf organischer Basis und nutzten Licht, um diesen Magneten "aufzuladen".
Auf einer Festplatte sitzen Myriaden Eisenoxid-Partikel, die sich einzeln magnetisieren und entmagnetisieren lassen. Mit zwei Zuständen - magnetisiert und unmagnetisiert - codiert jeder dieser winzigen Magneten genau ein Bit Information. Dabei arbeiten die Schreib- und Leseköpfe mit Elektromagneten, werden also durch den elektrischen Strom gesteuert. Diese Kombination aus Eisenoxid-beschichteter Festplatte und elektromagnetischem Schreib- und Lesekopf reichte bislang für immerhin einige Dutzend Gigabyte Speicherplatz. Doch Hersteller und Konsumenten wollen noch mehr.

Auf der Suche nach neuen Speichermedien erfanden Wissenschaftler bereits "Plastikmagneten", bei denen organische Verbindungen die Magnetpartikel tragen. Auch Magneten, die auf Licht anstatt auf elektromagnetische Induktion ansprechen, existieren bereits. Nun gelang es Forschern um Dusan Pejakovic von der Ohio State University, diese beiden Prinzipien zu kombinieren.

Dazu umhüllten sie positiv geladenes Mangan mit negativ geladenen organischen Teilchen. Der Magnetismus entsteht nun dadurch, dass die entgegengesetzten Ladungen beider Komponenten eine Wechselwirkung hervorrufen. Diese magnetische Verbindung, ein kristallines Pulver eines organischen Komplexes, brachten die Wissenschaftler auf eine selbstklebende Folie auf und bestrahlten diese mit Laserlicht. Vor und nach der optischen Behandlung bestimmten sie die magnetische Suszeptibilität, ein Maß, das für die Stärke des Magnetismus steht.

Beleuchteten die Forscher den Film mit blauem Laserlicht, so stieg die Suszeptibilität um 50 Prozent. Wählten sie hingegen grünes Licht, so entmagnetisierten sie das Pulver um 40 Prozent. Da diese Zustände auch nach dem Abschalten der Laser erhalten blieben, war den Forschern offenbar eine dauerhafte Magnetisierung beziehungsweise Entmagnetisierung gelungen.

Das magnetische Pulver setzt also Lichtenergie in elektronische Anregung um. Dabei wirkt grünes und blaues Licht deshalb unterschiedlich, weil die Wellenlänge entscheidet, ob magnetisiert oder entmagnetisiert wird. Wie Arthur Epstein ergänzt, stecke dieser Prozess an, denn ein Molekül, das seinen Zustand ändert, zwinge benachbarten Molekülen denselben Zustand auf.

Mit ihrem lichtsteuerbaren Magneten können die Forscher freilich noch nicht auf den Markt, denn das Ganze funktioniert nur bei höchstens 75 Kelvin. Die Festplatte mit magnetischen Komplexverbindungen wird also noch viele Jahre auf sich warten lassen.

Der Weg dorthin führt über bessere organische Hüllen, nach denen die Arbeitsgruppe sucht. Epstein ist vorsichtig optimistisch: "Vielleicht sind wir irgendwann in der Lage, das Material soweit zu verbessern, dass es bei Raumtemperatur arbeitet." Das Nahziel lautet "77,4 Kelvin": die Temperatur, bei der Stickstoff gerade noch flüssig ist.

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