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News: Grummeln hinter dem Horizont

Wenn es auf Erden richtig heftig schüttet und einem im wahrsten Sinne des Wortes 'die Petersilie verhagelt', kann man sich immer noch tapfer mit einem Regenschirm schützend über das Beet stellen. Diese Möglichkeit haben Betreiber von Satelliten in der Erdumlaufbahn nicht, wenn ein plötzlicher Sonnensturm die kostbare Elektronik mit heißen, elektrisch geladenen Teilchen bombardiert. Entsprechend großes Interesse bringen die Unternehmen Prognosen des zu erwartenden Sonnenwetters entgegen. Je früher und genauer so ein Ausbruch erkannt wird, umso mehr Zeit bleibt, die Satelliten mit der stabileren Seite in den Sonnenwind zu drehen. Demnächst können Wissenschaftler wahrscheinlich an den Schwingungen der Sonne schon Unwetter erkennen, die sich noch auf der erdabgewandten Seite zusammenbrauen.
Die Bewegungen der Gase nahe der Sonnenoberfläche lassen den ganzen Stern langsam vibrieren, als würde er in einem tiefen Ton brummen. Auf ihrem Weg werden die Wellen an Unregelmäßigkeiten und Grenzschichten abgelenkt, abgebremst, beschleunigt oder reflektiert. Mit einer neuen Technik, die als "helioseismische Holographie" bezeichnet wird, versuchen Wissenschaftler, aus den Schwingungen mehr über die Vorgänge in der Sonne zu erfahren und so früh es geht auf künftige Sonnenstürme hinzuweisen. Das ist möglich, weil Sonnenflecken und andere Sturmzentren von starken Magnetfeldern begleitet sind, welche sich auf die Geschwindigkeit der Wellen auswirken.

Im Prinzip sollte das Verfahren sogar Sonnenstürme verraten, die noch hinter dem Horizont, auf der erdabgewandten Seite Teilchen in das Weltall pusten. Charles Lindsey und Douglas Braun von der Solar Physics Research Corp. in Tucson überprüften darauf Daten eines Sonnensturms, der am 8. April 1998 begann (Science vom 10. März 2000). Damals erschien er gerade am östlichen Rand der Sonnenscheibe. Im Nachhinein fanden die Forscher jedoch Hinweise, dass der Sturm zu diesem Zeitpunkt bereits seit über einer Woche wütete. Am 28. und 29. März brauchten die Wellen sechs Sekunden weniger für ihren Weg als gewöhnlich – keine große Abweichung von der 3,5-stündigen Schwingungsdauer, aber genug, um im helioseismischen Hologramm aufzufallen.

Die Technik ist noch nicht ausgereift, räumen Wissenschaftler ein, doch eine verlängerte Vorwarnzeit hilft den Betreibern von Satelliten, ihre Instrumente rechtzeitig in einen Sicherungszustand zu überführen und eventuell mit einer geschützten Seite in Richtung des Teilchensturmes zu drehen. Sobald die Außenarbeiten an der Internationalen Raumstation begonnen haben, sind verläßliche Prognosen sogar noch wertvoller. Denn dann gilt es, die Astronauten vor dem Hagel aus Protonen und Elektronen zu schützen.

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