Direkt zum Inhalt

Schwierige Menschen: Wie Narzissten jedes Team sprengen

Forscher haben verschiedene Charaktere zusammen in einen Escape-Room gesperrt und Narzissmus in Echtzeit beobachtet. Hier erzählen sie, was passiert ist.
Eine Gruppe von Personen in einem Raum, der wie ein Kontrollzentrum aussieht. Zwei Personen im Vordergrund diskutieren angeregt über einen Computerbildschirm. Im Hintergrund sind weitere Personen zu sehen, die miteinander sprechen und Notizen machen. An den Wänden befinden sich technische Geräte und ein Poster mit Diagrammen. Die Szene vermittelt eine geschäftige und konzentrierte Arbeitsatmosphäre.
In einem Escape-Room wie diesem muss man versteckte Hinweise finden und gekonnt kombinieren, um den Weg nach draußen zu finden. Neben Klugheit zählt dabei Kooperation.

Teamarbeit kann das Beste in Menschen zum Vorschein bringen. Gemeinsam zu arbeiten bedeutet, Ideen zu teilen und Handlungen zu koordinieren. Doch manchmal heißt es auch, dass man sich zurücknehmen muss. Vor allem dann, wenn starke Persönlichkeiten das Ruder übernehmen.

In einer neuen Studie haben wir untersucht, wie sich eine bestimmte psychologische Eigenschaft eines oder mehrerer Mitglieder auf Teams auswirkt: grandioser Narzissmus – also die Überzeugung, klüger, mutiger und fähiger zu sein als alle anderen. Statt im Labor untersuchten wir Narzissmus im echten Leben. Wir haben mehr als 100 Teilnehmer in kommerzielle Escape-Rooms geschickt, wo sie gemeinsam gegen die Zeit Rätsel lösen mussten. Je geschickter sich eine Gruppe dabei anstellte, desto früher entkam sie aus dem Raum.

Persönlichkeitspsychologen unterscheiden zwei Seiten des grandiosen Narzissmus: Die »Suche nach Bewunderung« ist die charmante, selbstbewusste, anziehende Seite narzisstischer Menschen, mit der sie andere oft für sich gewinnen können. »Narzisstische Rivalität« beschreibt dagegen die defensive, kämpferische Seite. Narzisstische Menschen können nämlich recht ungemütlich werden, sobald ihr überhöhter Status bedroht scheint. Beide Seiten dienen dem Zweck, das grandiose Selbstbild zu schützen. Wir wollten wissen, was davon Teamarbeit unter Druck fördert oder behindert.

Das Escape-Room-Experiment

Die Teilnehmenden wurden in Kleingruppen von vier bis fünf Personen eingeteilt, die sich meist zum ersten Mal begegneten. Nach einem kurzen Kennenlernen betraten sie einen Escape-Room mit Dschungel-Motto, in dem sie 60 Minuten Zeit hatten, Hinweise zu finden und zu entkommen. Der Erfolg hing von Kommunikation, Vertrauen und Problemlösefähigkeiten ab: genau den Faktoren, die Teams auch im Job stark machen.

Vor und nach dem Escape-Room bewerteten sich die Spielerinnen und Spieler selbst und gegenseitig in Bezug auf Eigenschaften wie sympathisches Auftreten, Empathie und Selbstvertrauen. So konnten wir beobachten, ob sich erste Eindrücke unter Druck veränderten. Wir erhoben zudem beide Seiten des Narzissmus – die Suche nach Bewunderung (Charme, Selbstsicherheit, Führungsanspruch) und die Rivalität (Abwehr, Konkurrenzdenken). Anschließend erfassten wir, wie gut die Teams miteinander harmonierten, wie viel Konflikt entstand und wie erfolgreich sie waren – gemessen an der Zahl der Aufgaben, die sie tatsächlich lösten.

Das Ganze folgte einem sogenannten Round-Robin-Design: Jedes Teammitglied bewertete sich selbst und alle anderen. So konnten wir nicht nur sehen, wie narzisstische Personen sich selbst einschätzten, sondern auch, wie andere sie wahrnahmen – ein seltener Einblick in die Dynamik innerhalb realer Gruppen.

Rivalität ruiniert die Leistung

Die Ergebnisse waren eindeutig: Teams mit hohem Maß an narzisstischer Rivalität in den eigenen Reihen schnitten deutlich schlechter ab. Sie machten rund ein Drittel weniger Fortschritte im Escape-Room, lösten weniger Rätsel in der vorgegebenen Zeit, berichteten von geringerer Einigkeit und empfanden die Erfahrung auch als frustrierender.

Der Grund: Rivalität untergräbt den Zusammenhalt – das Gefühl, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Unter Druck neigten rivalisierende Personen dazu, sich zurückzuziehen, Vorschläge anderer abzuwerten oder Informationen zurückzuhalten. Sie begannen nicht unbedingt Streit, aber ihre Abwehrhaltung bremste die Gruppe spürbar aus. Ein großes Ego macht Teammitglieder nicht nur anstrengend im Umgang. Es zerstört die kollektive Bindung, die es für den Erfolg braucht.

Charme, der schnell verblasst

Die bewundernde Seite des Narzissmus erzählte eine verführerischere Geschichte: Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei denen diese Facette ausgeprägt war, wirkten zunächst sympathisch auf andere, selbstbewusst und führungsstark. Zu Beginn schienen sie die Stimmung im Team zu heben. Doch am Ende des Spiels hielten ihre Mitstreiter sie meist für arrogant und wenig empathisch.

Mit anderen Worten: Der anfängliche Charme nutzte sich schnell ab, sobald echte Kooperation gefragt war. Ein typisches Büroszenario – der überzeugte Selbstdarsteller, der im Meeting glänzt, aber am Ende des Projekts alle nur noch nervt.

Charisma ist kein Teamgeist

Moderne Arbeitswelten leben von Zusammenarbeit, ob in hybriden Meetings oder agilen Teams. Doch Selbstbewusstsein und Selbstdarstellung werden noch immer zu oft mit Kompetenz verwechselt. Unsere Forschung zeigt, dass die falsche Art von Selbstbewusstsein Vertrauen, Kreativität und Leistung untergraben kann. Wenn Organisationen nach dem pandemiebedingten Aufstieg der Remote-Arbeit Teamstrukturen überdenken, sollten sie sich daher fragen: Belohnen wir möglicherweise Charisma statt Kooperation? Spielen unsere »Teamplayer« in Wahrheit nur für sich selbst?

Die Lösung besteht nicht darin, selbstbewusste Menschen auszuschließen, sondern gute Zuhörerinnen und Zuhörer genauso wertzuschätzen wie gute Rednerinnen und Redner. Führungskräfte, die nur Durchsetzungskraft fördern, riskieren, Konkurrenz statt Zusammenarbeit zu erzeugen. Sichere Teams aufzubauen, in denen Mitglieder ohne Angst vor Spott ihre Meinung äußern können, hilft, die zerstörerischen Effekte des Egos abzufedern.

Was Escape-Rooms über Teamarbeit verraten

Escape-Rooms enthüllen, wer dominiert, wer unterstützt – und wer innerlich aussteigt, sobald er nicht mehr im Mittelpunkt steht. Diese Momente verraten weit mehr über ein Team als jeder Persönlichkeitstest.

Das Setting gab uns einen seltenen Einblick in Narzissmus in Aktion. Die Teilnehmenden konnten sich nicht hinter Bildschirmen verstecken oder ihr Image bewusst aufpolieren: Jede Entscheidung, jeder Blick, jedes Dominanzsignal spielte sich in Echtzeit ab. Die erfolgreichsten Teams waren gerade nicht die lautesten, sondern jene, die zusammenhielten, kommunizierten und wohlwollend miteinander umgingen. Selbst dann, wenn die Uhr gnadenlos tickte.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

  • Quellen
Bush-Evans, R. et al., Behavioral Sciences 10.3390/bs15111461, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.