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Gwada negativ: Neue Blutgruppe durch Zufall entdeckt

Eine Frau aus Guadeloupe weist eine genetische Mutation auf, die ihre Blutgruppe von allen bekannten unterscheidet. Damit kann sie keine Blutspende empfangen.
Blutkörperchen
Die genauen Strukturen auf der Außenseite der roten Blutkörperchen definieren die Blutgruppe (Symbolbild).

Im Jahr 2011 machten Laboranten in Paris eine überraschende Entdeckung: Als sie das Blut einer 54-jährigen Frau aus Guadeloupe routinemäßig vor einem medizinischen Eingriff untersuchten, schien keine vorrätige Blutkonserve damit kompatibel – nicht einmal Proben ihrer drei Geschwister. Die Fachleute konnten zunächst nicht ausmachen, welche Antikörper dafür verantwortlich waren. Erst jetzt, fast 15 Jahre später, haben Forschungsteams der Universität Paris Cité und der Universität der Antillen bei der Patientin eine genetische Mutation identifiziert – und dabei eine neue Blutgruppe entdeckt, die sie als »Gwada negativ« bezeichnen. Damit handelt es sich um die 48. und zugleich seltenste Blutgruppe auf der Welt, wie die Fachleute in der Fachzeitschrift »Vox Sanguinis« berichten.

Vielen Menschen ist ihre Blutgruppe in Form des AB0-Systems bekannt, das die Eigenschaften roter Blutkörperchen in A, B, AB oder 0 aufteilt. Die Zellen tragen die Antigene A, B oder A und B auf ihrer Oberfläche, die indirekt darüber bestimmen, gegen welches Spenderblut der Organismus Antikörper ausbildet. Zellen der Blutgruppe 0 besitzen keines der Antigene. Einige Personen kennen auch ihren Rhesusfaktur (positiv oder negativ). Aber tatsächlich gibt es noch Dutzende andere Kategorien, die die Merkmale der roten Blutkörperchen einer Person weiter beschreiben – und entscheiden, welche Mischungen gegebenenfalls zu Immunreaktionen führen können und welche nicht.

Im Jahr 2019 begannen die Fachleute, die Blutprobe der rätselhaften Patientin in einem aufwändigen Verfahren genetisch zu analysieren. Dabei zeigte sich, dass die Frau eine Mutation im PIGZ-Gen aufwies. Dieses produziert ein Enzym, das einen bestimmten Zucker an ein Molekül auf der Zellmembran anhängt. Ohne diesen Zucker haben die Moleküle auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen eine andere Struktur und bilden damit ein neues Antigen. So entstand eine neue Klassifikation für rote Blutkörperchen: Alle bisher bekannten Proben besitzen das Antigen und sind damit »Gwada positiv«, während der Patientin aus Guadeloupe dieses Merkmal fehlt und sie somit der einzige Mensch ist, der bekanntermaßen »Gwada negativ« ist. Das macht sie für Blutspenden ungeeignet.

Die PIGZ-Mutation könnte neben der Unverträglichkeit von Spenderblut auch weitere Auswirkungen haben. So gehen die Fachleute in ihrer Arbeit davon aus, dass die Mutation Betroffene geistig beeinträchtigen und Probleme bei Schwangerschaften verursachen könnte.

  • Quellen
Duval, R. et al., Vox Sanguinis 10.1111/vox.70030, 2025

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