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News: Hall-Effekt im organischen Kristall

Eigentlich fängt es schon in der Sandkiste an: Da sitzen sie in Scharen und backen aus dem Stoff, aus dem unsere Hochtechnologie ist, Kuchen, Häuser, Burgen. Möglicherweise sind das unsere Spezialisten von Morgen, denn nichts anderes als Sand ist der Grundstoff für das am meisten verwendete Halbleitermaterial der Welt. Doch möglicherweise müssen wir die Kisten auf Spielplätzen bald mit einer anderen Substanz füllen, denn aus Sand hochreines Silizium zu gewinnen, ist extrem teuer. Und so forschen Wissenschaftler schon lange fieberhaft an neuen Lösungen. Nun hat eine Forschergruppe an Pentacen bei tiefen Temperaturen den fraktionierten Quanten-Hall-Effekt beobachtet. Ein Effekt, der nur dann auftritt, wenn sich die Elektronen schnell und ungehindert durch einen Kristall bewegen können.
In den letzten Jahren haben verschiedene Wissenschaftler versucht, organische Halbleiter zu bauen. Denn das Material ist billiger, leichter und deutlich flexibler als Silizium. Doch das Problem dabei ist, dass sich Elektronen durch organisches Material deutlich langsamer bewegen als durch anorganisches. Pentacen ist zum Beispiel ein sehr vielversprechendes Material. Allerdings beträgt auch hier die Geschwindigkeit, mit der eine elektrische Ladung den Kristall bei Raumtemperatur durchdringt, nur ein Zehntausendsel der, mit der sie einen Silizium-Kristall passiert.

Doch Halbleiter haben ihren geringsten Widerstand bei tiefen Temperaturen, und so untersuchte eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Bertram Batlogg von den Bell Laboratories in Murray Hill, New Jersey, Pentacen in der Nähe des absoluten Nullpunktes. Die Forscher stellten einen scheibenförmigen Pentacen-Kristall mit nur einigen millionstel Millimetern Dicke her. Diesen plazierten sie so in einem Magnetfeld, dass die magnetischen Feldlinien längs der Scheibe verliefen. Sie detektierten dabei eine sogenannte Hall-Spannung. Denn das Feld verschob die Elektronen seitwärts, so dass sie an den Kanten der Scheibe "anstießen". Die Trennung der Ladungsträger im Magnetfeld induziert im Kristall eine Spannung – die Hall-Spannung. Die Wissenschaftler stellten ihre Ergebnisse am 22. März 2000 auf der Jahrestagung der American Physical Society vor.

Nun erwarteten Batlogg und seine Kollegen einen zum Magnetfeld proportionalen Spannungs-Anstieg. Doch als sie den Kristall auf zwei Kelvin kühlten, nahm die Spannung nicht allmählich, sondern sprunghaft zu. Das Muster, mit der die Spannung anstieg, deutete auf den fraktionierten Quanten-Hall-Effekt hin. Ein solches Verhalten tritt immer dann auf, wenn sich Elektronen zu kleinen Gruppen zusammenlagern. Diese Gruppen verhalten sich dann wie einzelne Teilchen, deren Ladung einem Bruchteil der Elektronen-Ladung entspricht. Eine grundsätzliche Voraussetzung für das Phänomen ist allerdings, dass sich die Elektronen ungehindert und schnell durch das Material bewegen können. Tatsächlich vermuten die Forscher für Pentacen einen zehn Mal schnelleren Stromfluss als in Silizium.

Niemand hat erwartet, dass Pentacen zu so einem quantenmechanischen Trick in der Lage ist, meint Horst Stormer von der Columbia University. "Wenn heute der 1. April wäre, würde ich es nicht glauben", sagt er. Stormer war einer der Physiker, die 1998 für die Entdeckung des fraktionierten Quanten-Hall-Effektes den Nobelpreis für Phsik erhielten.

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