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News: Harter Kampf um´s kalte Eis

Die Idee erschien zunächst völlig abwegig: Haushohe Eisbrocken aus dem Weltall sollten die Erde permanent bombardieren und in den oberen Schichten der Atmosphäre verdampfen. Als Satellitenaufnahmen im UV-Bereich auffällige Flecken zeigten und in der Mesosphäre mehr Feuchtigkeit entdeckt wurde, als die geläufigen Theorien vorhersagten, zogen Wissenschaftler, die Hypothese dann ernsthaft in Betracht. Aber nun stellte sich heraus, daß die UV-Bilder lediglich technisch bedingtes Rauschen zeigten. Also doch kein Schnee aus dem All?
Alle 20 Minuten treffen kleine Kometen aus Wassereis auf die Atmosphäre, behauptet der Physiker Louis Frank von der University of Iowa seit 1986. Damit erklärte er dunkle Flecken auf Bildern, die Satelliten wie z.B. Polaris im ultravioletten Wellenlängenbereich aufgenommen haben.

Bei genaueren Untersuchungen, die George Parks, Physiker an der University of Washington, im Labor vornahm, kamen jedoch Zweifel auf, wieviel diese Fotos wert sind. Die Kamera machte auch auf der Erde Aufnahmen mit genau der gleichen Verteilung von Flecken wie im Orbit, bloß diesmal waren mit Sicherheit keine entsprechenden Moleküle, die UV-Licht absorbieren können, vorhanden (Geophysical Research Letters vom 15. Dezember). Warum die Kamera diese Artefakte produziert, kann Parks nicht sagen. Er glaubt jedoch: „Es gibt keine wissenschaftliche Rechtfertigung dafür, diese Bilder anzusehen und aus ihnen die gleichen Informationen zu ziehen, wie Lou Frank dies tut.” Frank behauptet dagegen, er könne sehr wohl unterscheiden zwischen den Apparatefehlern und Rauschen auf der einen und den von kleinen Eiskometen verursachten dunklen Flecken auf der anderen Seite.

Doch nicht nur UV-Bilder zeugen von mysteriösen Vorgängen in den oberen Schichten der Atmosphäre. Auch Messungen des Halogen Occulation Experiments (HALOE) an Bord eines Forschungssatelliten ergaben Hinweise auf unerwartet hohe Wassermengen in der Mesosphäre. „Zunächst waren wir sehr skeptisch”, erzählte Robert Conway vom Naval Research Laboratory. Aber die Beobachtungen konnten mit dem Middle Atmosphere High Resolution Spectrograph Investigation (MAHRSI) bestätigt werden. Es entdeckte in 70 km Höhe eine relativ große Menge von Hydroxidradikalen, die bei der Spaltung von Wasser entstanden sind. Statt der vorhergesagten sechs bis sieben Teilchen pro Million (parts per million, ppm) wurden acht bis zehn ppm gefunden. „In der oberen Atmosphäre geht definitiv etwa seltsames vor”, sagt dazu Michael Summers, Theoretiker am National Research Laboratory. „Aber ich bin weit davon entfernt, zu sagen, dies würde die Hypothese von den kleinen Kometen stützen.”

Bei allem Zwist um die Schneebälle aus dem Weltall sind sich die Wissenschaftler also zumindest in einem einig: Auch an der obersten Kante zwischen Himmel und Erde gibt es noch Dinge, die auch gehobene Schulweisheit bisher nicht zu erklären vermag.

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