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News: Haute Couture unter Strom

Jetzt gibt es Solarzellen sogar in faseriger Form, die schon bald zu Jacke oder Hose werden könnten. Dann wäre Schluss mit ausgebeulten Taschen, in denen der Walkmanbesitzer seine Ersatzbatterien lagert, wahre Kraftwerke gäbe es dann von der Stange.
Das wäre doch eine hübsche Sache: Nach dem erfrischenden Bad in Meeres Brandung räkelt man sich auf's Badetuch, steckt sich den kleinen Stecker in die Badehose - und schon ertönt Stevie Wonders "You are the Sunshine of my Life". Die Hose als Kraftwerk, nun ja, daran haben Martin Rojahn von der Universität Stuttgart und seine Kollegen womöglich auch schon gedacht, doch eigentlich verfolgen sie mit ihrer Entwicklung natürlich ganz Ernsthaftes.

Die Forscher entwickelten nämlich Fasern, die bei Licht Strom produzieren - flexible Solarzellen also, die sich zu einem Stoff verweben lassen und sogar waschmaschinenfest sein sollen. Wie die kleinen Sonnenpanele eines Taschenrechners, so könnte auch ein T-Shirt aus diesem "Elektrotextil" die endgültige Unabhängigkeit von Batterie und Steckdose bedeuten. Wer weiß, ob Walkmen, Mobiltelefone, ja, ganze Heimcomputer eines Tages nicht in der Abteilung Damen- und Herrenoberbekleidung zu finden sind - und nur ab und an zum Trocknen auf die Leine müssen.

Eigentlich waren Rojahn und seine Kollegen dabei, eine gekrümmte Oberfläche mit amorphem Silizium zu beschichten, als sie auf die Möglichkeit elektrisierender Textilien stießen. Sie belegten eine Faser gleich mit mehreren Schichten, sodass schließlich ein zylindrisches photovoltaisches System entstand. Dieses "Halbleiter-Sandwich" besteht aus je einer Lage negativ und positiv dotierten Siliziums, die eine mittlere Schicht undotierten Siliziums umgeben. Durch die Dotierung mit bestimmten Fremdatomen erreicht man einen positiven (p-leitende Halbleiterschicht) und einen negativen (n-leitende Halbleiterschicht) Ladungsüberschuss. Wenn Photonen auf die p-Schicht treffen, regen sie dort freie Elektronen an, die nun durch die Mittelschicht in die unterliegende, n-Schicht fließen. Dabei baut sich eine Spannung auf, mit der sich elektrische Geräte betreiben lassen.

Im Gegensatz zu den größeren Solarzellen auf den Dächern vieler Häuser, bestehen die faserigen Zellen nicht aus kristallinem, sondern aus amorphem Silizium. Zwar ist der Wirkungsgrad solcher Zellen geringer, doch dafür sind sie flexibel und zudem viel billiger als die kristallinen Modelle. Eine begrenzte Farbwahl befriedigt zudem die Wünsche etwaiger Modedesigner. In der transparenten Schutzschicht lassen sich immerhin verschiedene Blau-, Braun- und Grüntöne verwirklichen. Bleibt nur zu hoffen, dass immer schön die Sonne lacht, aber dass der Trend nicht wieder zurückgeht zum alles bedeckenden Einteiler - des geringen Wirkungsgrads wegen.

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  • Quellen
Materials Research Society Spring Meeting, San Francisco, 16.-20. April 2001
New Scientist

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