Geophysik: Hawaiivulkane im Labor nachgeahmt
Die Inselkette Hawaiis, die Kanaren oder Azoren gehören noch zu den großen Rätseln der Vulkanologen: Wie konnten fernab aktiver Plattengrenzen aktive Feuerberge entstehen, obwohl hier tektonisch stabile Bedingungen herrschen sollten? Anders als zum Beispiel rund um den Pazifik dürften an ihren Standorten keine Schwächezonen in der Erdkruste auftreten, in denen Magma an die Erdoberfläche dringt. Denis Andrault von der Université Blaise Pascal in Clermont-Ferrand und seinen Kollegen gelang es nun aber im Labor, eine wichtige Hypothese zu bestätigen, die den Entstehungsmechanismus von Teide, Mauna Loa und Co erklärt: die so genannten Mantelplumes oder Hotspots – lokale Schwächezonen innerhalb von großen Platten, an denen heiße Gesteinsblasen vom Mantel bis in die Erdkruste aufsteigen und Vulkane nähren.
Andraults Team hat dazu die Bedingungen nachgestellt, wie sie im Erdinnern an der Grenze zwischen Mantel und Kern herrschen – von dort stammt das Gestein, das letztlich an der Erdoberfläche austritt. Sie setzten winzigste Staubkörner in einer Diamantstempelzelle einem Druck von einer Million Bar aus und erhitzten die Proben mit einem Laser auf 3000 bis 4000 Grad Celsius. Auch wenn das eingesetzte Material extrem klein ist, so lassen sich damit dennoch experimentell die Schmelzvorgänge im Erdinnern detailgetreu nachstellen und auf größere Skalen projizieren.
Die derart unter Druck und Hitze gesetzten Proben durchleuchteten die Geophysiker schließlich mit Röntgenstrahlen, die sie auf einen Durchmesser von einem Tausendstel eines Millimeters konzentrierten. Damit ließen sich die Körner kartieren und Regionen eingrenzen, in denen das "Gestein" geschmolzen war. Eine zweite Röntgentechnologie half dann dabei, die chemische Zusammensetzung der Schmelzen und der festen Bestandteile zu identifizieren und zu vergleichen. Dichteunterschiede zwischen Magma und festem Material an der Kern-Mantel-Grenze – einer etwa 200 Kilometer mächtigen Schicht – rühren demnach vor allem von abweichenden Eisengehalten her. "Schmelzen sind unter diesen Bedingungen wirklich leichter als festes Gestein", sagt Andrault.
Wie eine Luftblase im Wasser steigt dieser Hotspot langsam 2900 Kilometer im Erdkörper nach oben, bis er die Erdkruste erreicht und als Mantelplume einen Vulkan aufbaut. Normalerweise ist der untere Erdmantel fest, doch sorgt die größere Hitze des angrenzenden flüssigen Erdkerns dafür, dass das Gestein teilweise aufschmilzt. Auf dem Weg nach oben dehnt sich die "Blase" aus und wird größer; gleichzeitig bleibt sie über einen engen Schlauch mit ihrem Ursprungsort verbunden: Von dort gelangt somit beständig Nachschub zur Magmakammer, die einen mehr oder weniger dauerhaften Vulkanismus speist. Die Hawaiikette belegt dies eindrucksvoll: Durch die Plattentektonik bewegen sich die einzelnen Vulkane nach Nordosten hin weg von ihrem Plume: Sie erlöschen, während im Südwesten eine neue Insel mit aktiven Feuerbergen entsteht.
Warum Hotspot-Vulkanismus aber nur an bestimmten Orten entsteht und nicht an anderen, muss noch geklärt werden. Manche Plumes bleiben offenbar im Mantel stecken, weil sie zu klein sind und nicht genügend Auftrieb haben. Nötig sind zudem durchgängige Schwächezonen in der Erdkruste, die der Gesteinschmelze letztlich den endgültigen Aufstieg ermöglichen.
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