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Sinnfindung : Was Ärzte vor dem Burnout bewahren könnte

Menschen in Heilberufen erleben zu selten bedeutungsvolle Momente mit ihren Patienten. Das zu ändern, würde möglicherweise die hohe Burnout-Rate senken.
Eine ältere Frau liegt in einem Krankenhausbett, mit einer Sauerstoffbrille im Gesicht. Sie trägt ein hellblaues Krankenhaushemd und ist mit einer weißen Decke zugedeckt. Neben ihr sitzt eine Ärztin in einem weißen Kittel mit Stethoskop um den Hals, die freundlich mit der Patientin spricht. Die Szene vermittelt eine fürsorgliche medizinische Betreuung in einem Krankenhauszimmer.
In gesundheitlichen Krisen braucht es Gespräche auf Augenhöhe zwischen Arzt und Patient. Das tut nicht nur den Erkrankten gut, sondern auch den Behandelnden.

Wer in einem helfenden Beruf arbeitet, macht hin und wieder besonders berührende Erfahrungen – gern als Augenblicke beschrieben, in denen die Zeit scheinbar stillsteht. Solche »heiligen Momente« beim Umgang mit Erkrankten haben laut einer Umfrage aus den USA unter 630 internistischen Ärztinnen und Ärzten rund 70 Prozent schon einmal erlebt. Allerdings erfuhr die Mehrheit derartiges höchstens einmal im Jahr (oder eben nie), fand das Team um Jessica Ameling von der University of Michigan heraus. Dabei könnten regelmäßige sinnstiftende Erlebnisse die Berufsgruppe vor Burnout schützen, wie die Ergebnisse der Studie andeuten. Auch wer sich mit Kollegen über die inspirierenden Situationen austauschte, erkrankte seltener am Erschöpfungssyndrom.

Die Burnout-Rate unter Ärzten und Pflegekräften ist hoch, insbesondere in Krankenhäusern. Zu lange Arbeitszeiten, Ärger im Team, verbale und tätliche Angriffe durch Patienten tragen dazu bei. Meistens können sich Menschen, die bewusst den Heilberuf gewählt haben, wegen der Arbeitsverdichtung nicht so um die Erkrankten kümmern, wie sie es nach ihren eigenen ethischen Maßstäben gern täten. Das hat Folgen. Auch die aktuelle Erhebung offenbarte bei rund 60 Prozent der Befragten mindestens ein Burnout-Symptom, zehn Prozent erfüllten die Kriterien eines schweren Burnouts.

Von jenen, die überhaupt heilige Momente kannten, erlebte sie jeder Zehnte mindestens einmal pro Woche; mehr als ein Drittel konnte sich dagegen nur an eine Hand voll Begebenheiten über die gesamte Karriere hinweg erinnern. Wie erklären sich die großen Unterschiede? Ob es sich um eine Ärztin oder einen Arzt handelte, erwies sich als unerheblich. Ebenso, ob er oder sie niedergelassen in einer Praxis oder im Krankenhaus tätig war. Jedoch ergab sich ein Zusammenhang mit Gläubigkeit: Wer sich selbst als spirituell bezeichnete, erlebte doppelt so viele Erleuchtungsmomente. Aber auch jene, die sich privat viel sozial engagierten, berichteten von mehr inspirierenden Kontakten.

Jessica Ameling schlägt vor, eine Atmosphäre zu schaffen, die die Beziehungsaufnahme zum Patienten erleichtert. Dazu gehört ein Stuhl in der Nähe des Krankenbetts, so dass der Behandelnde in Ruhe und auf Augenhöhe mit dem Kranken sprechen kann. Zudem sollte der kollegiale Austausch über heilige Momente gezielt gefördert werden. Von solchen Veränderungen würden laut Ameling dann nicht nur die Erkrankten profitieren, sondern auch die Gesundheit von Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften.

  • Quellen
JAMA Network Open, 10.1001/jamanetworkopen.2025.13159, 2025

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