Mitteleuropäische Greifvögel spielen bei der Übertragung des Vogelgrippevirus H5N1 offensichtlich keine Rolle und gefährden demnach auch nicht andere Wildvögel oder Zuchtgeflügel. Diesen Schluss ließen erste Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts ("Greifvogel-Monitoring") im Rahmen des Programms "Wildvögel und Vogelgrippe" zu, meint die Biologin Marion Gschweng von der Universität Ulm.
Schwarzmilan mit Sender | Ein Schwarzmilan wird mit einem Sender bestückt, damit seine Zugwege verfolgt werden können.
Wissenschaftler hatten befürchtet, dass Vögel wie der Schwarze und der Rote Milan, die im Winter in H5N1-Risikogebiete in Afrika oder Europa ziehen, von dort das Virus einschleppen könnten – etwa weil sie sich an virenhaltigen Geflügelkadavern infiziert hatten. Gschwengs Team stattete daher 16 Greifvögel mit Minisendern aus, um deren Zugrouten und Aufenthaltsgebiete zu entschlüsseln. Die Rotmilane (Milvus milvus) flogen zum Überwintern über die Schweiz und Frankreich nach Spanien, die Schwarzmilane (Milvus nigrans) über Marokko und Mali bis nach Westafrika – und ein Weibchen konnte sogar mit Hilfe der Satellitentelemetrie bis nach Togo und Nigeria verfolgt werden. Gerade aus dieser Region hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO bereits hochpathogene Erreger gemeldet.
Allerdings fehlten aussagekräftige Untersuchungen zur Ernährung der Schwarzmilane in Afrika, bedauert die Biologin – zumal die Vögel auch Aas nicht verschmähen. Auf heimischem Terrain dagegen seien mittels Radiotelemetrie sehr detaillierte Beobachtungen möglich gewesen, denn darüber ließen sich Aufenthaltsorte und Verhalten der Tiere verfolgen: etwa Jagen und Füttern, Kontakte zu anderen Vogelarten und selbst Besuche von Geflügelbetrieben oder Mülldeponien. Die Milane und andere Greifvogelarten wurden zudem per Blutproben und Rachenabstrichen auf Infektionen untersucht. Von den insgesamt 280 Tieren – darunter auch Mäusebussarde, Turmfalken, Habichte und Sperber –, die medizinisch unter die Lupe genommen wurden, wies keiner H5N1 auf.
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