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News: Heißes Eisen

Die mehr als eine Million Grad heiße äußere Region der Sonne, die Korona, strahlt vornehmlich Röntgenstrahlen ab. Und genau daran kann man sie auch bei fernen Sternen erkennen. Doch auch im optischen Spektrum ist diese Region sichtbar - schwach zwar, dafür aber überaus aufschlussreich. Eine bestimmte Eisenlinie zeugt beispielsweise von der hohen Temperatur, und die wiesen Forscher nun zum ersten Mal auch bei einem anderen Stern nach.
Am 4. November 1869 beschrieben die amerikanischen Astronomen William Harkness und Charles Young in der ersten Ausgabe von Nature, wie sie während einer Sonnenfinsternis im grünen Bereich des koronalen Spektrums eine schwache Emissionslinie entdeckten. Harkness und Young hatten keine Ahnung, welches Element wohl für diese Linie verantwortlich sei. Auch die Fachkollegen wussten nicht weiter und postulierten Jahre später ein gänzlich neues Element, das sie "Coronium" tauften.

Mehr als 70 Jahre später erkannten die beiden Astrophysiker Walter Grotrain aus Deutschland und Bengt Edlén aus Schweden, dass es Coronium nicht gibt, die Linie im Sonnenplasma vielmehr von Eisenatomen stammt, welche zwölf ihrer 26 Elektronen verloren (diese Form des ionisierten Eisens wird als Fe12+ bezeichnet). Allerdings, indem die Forscher das eine Problem lösten, warfen sie ein anderes auf. Denn um Eisen in diesen Zustand zu bringen, müssen die Temperaturen über einer Million Grad Celsius liegen. Die Sonnenoberfläche ist aber nur rund 5500 Grad Celsius heiß. Heute weiß man zwar, dass die Korona tatsächlich die hohen Temperaturen aufweist und viel heißer ist als die darunter liegende Photosphäre; warum dies aber so ist, dafür gibt es noch immer keine befriedigende Erklärung.

Interessant wäre aber, ob die Verhältnisse bei anderen Sternen denen unserer Sonne ähneln - die ja ein vergleichsweise normaler Stern ist. Jürgen Schmitt und Rainer Wichmann von der Universität Hamburg wollten dies genau wissen - und mussten dazu eine Reihe von Problemen überwinden. Die gesuchten Linien liegen nämlich im optischen Spektrum und sind so schwach, dass sie nur am Rande der Sonne - am besten während einer Sonnenfinsternis - messbar sind. Die künstliche Abdeckung der Sonnenscheibe ist bei fernen Sternen aber wegen ihrer geringen Größe im Teleskop nicht möglich.

Schmitt und Wichmann suchten sich daher einen Stern, der von sich aus nur schwach leuchtet: den roten Zwerg CN Leonis, der im Sternbild Löwe steht und rund acht Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Aufgrund der Strahlung im Röntgenbereich weiß man, dass CN Leonis über eine ausgeprägte Korona verfügt, und da der Stern im optischen Spektrum tausendmal schwächer leuchtet als die Sonne, hofften die Forscher, jene schwache Eisen-Linie zu finden.

Wenn dies klappen sollte, dann nur mit einem wirklich großen Teleskop - wie dem 8,2-Meter Very Large Telescope des European Southern Observatory in der chilenischen Atacama-Wüste. Die Wissenschaftler beobachteten den Stern mithilfe des UV-Visual Echelle Spectrographs bei der entsprechenden Wellenlänge von 338,81 Nanometern. Und in der Tat fand sich dort ein deutliches Signal, doch stellte sich bei genauerer Betrachtung heraus, dass sich das Kurvenmaximum auch auf einfach ionisiertes Titan (Ti+) aus der unteren Atmosphärenschicht - der Chromosphäre - des Sterns zurückführen ließ.

Da diese Titan-Ionen aus Bereichen stammen, die viel kühler sind als die Korona, sind sie auch langsamer. Und weil sie langsamer sind, sind ihre Maxima infolge des Doppler-Effekts viel schmaler als die des heißen koronalen Eisens. Diesen Effekt nutzten die Forscher und "subtrahierten" die schmale Titan-Linie von dem Gesamtspektrum. Und siehe da, was blieb war ein deutliches, breites Signal, welches eindeutig auf das 12fach ionisierte Eisen in der Korona von CN Leonis hinwies.

Damit ist es den beiden Forschern zum ersten Mal gelungen, im optischen Spektrum fremder Sterne eine koronale Linie zu beobachten. Im Röntgenbereich gibt es derer viele, allerdings können diese nur im Weltraum gemessen werden. Für die Röntgenstrahlung ist unsere Atmosphäre undurchdringlich. Hinzu kommt, dass die bodengebundenen Spektrometer derzeit eine viel höhere Auflösung gewähren als die Röntgen-Spektrometer, wie sie sich beispielsweise an Bord von ROSAT befinden. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, und die Forscher können vom Boden aus selbst die Zyklen ferner Sterne ausmachen, ähnlich dem alle elf Jahre wiederkehrenden Maximum der Sonnenaktivität.

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