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Adoleszenz: Helfen pubertäre Hirnveränderungen beim Lernen?

Die Pubertät ist gefährlich, weil das Belohnungszentrum der Heranwachsenden verrücktspielt - meinten zumindest einige Neurowissenschaftler. Aber sind Heranwachsende nicht viel mehr als nur selbstgefährdend?
Ein Sprung von der Klippe

Im Gehirn von Heranwachsenden finden große Veränderungen statt, die seit einiger Zeit als eine neurologische Ursache für das auffällige Verhalten vieler Pubertierender unter Verdacht stehen. So hat man etwa nachgewiesen, dass das für nüchterne Abwägungen wichtige Stirnhirn langsamer reift als Hirnzentren, die Emotionen verarbeiten, wie etwa die Amygdala. Eine Schlüsselrolle scheint zudem das Striatum einzunehmen, in dem das Belohnungszentrum des Hirns sitzt: Offenbar funktioniert es beim Heranwachsenden deutlich anders als beim jungen Kind und beim Erwachsenen. Das sorgt aber wohl nicht nur dafür, dass Jugendliche risikoreicher leben, meinen nun Neurowissenschaftler in ihrer in "Nature Communications" veröffentlichten Studie: Tatsächlich scheint das Striatum in der sensiblen Phase darauf optimiert zu sein, wichtige Lernprozesse schneller und effizienter abwickeln zu können.

Dieser mögliche Vorteil der in der Pubertät veränderten Striatumstruktur hat bislang zu wenig Beachtung gefunden, meinen Sabine Peters und Eveline Crone von der Leiden University in den Niederlanden. Sie hatten für ihre Studie die Gehinaktivität von 230 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen teilweise über Jahre hinweg immer wieder per funktioneller Magnetresonanztomografie überwacht, während die Teilnehmer Lernaufgaben bewältigten – im Erfolgsfall wurden sie belohnt, was sich in der Striatumaktivität niederschlägt. Tatsächlich war bei den einzelnen Teilnehmern die Aktivität in dieser Hirnregion im Alter von 17 bis 20 Jahren am meisten ausgeprägt – in früheren und späteren Jahren arbeitet das Belohnungszentrum weniger intensiv.

Das Ergebnis war mit Blick auf frühere Studien – in denen allerdings nie einzelne Individuen über Jahre verglichen worden sind – nicht unerwartet. Oft haben die Neurowissenschaftler die gesteigerte Ansprechbarkeit des Belohnungszentrums aber mit Blick auf die wenig rationale Risikobereitschaft von Pubertierenden als Einstieg in einen Suchtzyklus interpretiert: Die Jugendlichen bräuchten wegen der Striatumreaktivität immer größere Kicks für die Reaktion des leichter ansprechbaren Belohnungszentrums. Peters und Crone weisen darauf hin, dass in einer Lebensphase, in der besonders viele wichtige Lernprozesse verarbeitet sein wollen, ein leichter ansprechbares Belohnungszentrum sicher eine wichtige Funktion übernimmt. Nur negative Auswirkungen dürfte der im Experiment nun deutlich nachgewiesene Leistungsschub des Striatums jedenfalls sicher nicht haben.

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