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Coronavirus: Herdenimmunität – Verheißung oder heiße Luft?

Wer Herdenimmunität verfolgt, braucht kein Abstandhalten oder Maskentragen. Doch geht der Plan auf? Fünf Fragen und Antworten zu einer Idee, die verheerende Folgen hätte.
Belebte Straßen - wieder möglich dank Herdenimmunität?

Im Mai 2020 traf ein heftiger Ausbruch von Covid-19 die brasilianische Stadt Manaus, die Krankenhäuser quollen über, und in den umliegenden Wäldern mussten eilig Gräber ausgehoben werden. Doch schon wenige Monate später, im August, war die Lage völlig verändert: Obwohl die Behörden die Coronamaßnahmen von Juni an lockerten, reduzierte sich die Übersterblichkeit (die Zahl der Todesfälle, die den langjährigen Durchschnittswert übersteigen) in der 2-Millionen-Stadt von rund 120 pro Tag auf fast null.

Im September veröffentlichten dann zwei Forschungsgruppen Vorabresultate, die nahelegten, dass sich in Manaus eine Herdenimmunität durchzusetzen begann. Die Immunologin Ester Sabino von der Universität von São Paulo, Brasilien, und ihre Kollegen hatten mehr als 6000 Proben aus Blutbanken in Manaus auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 getestet. Die Daten ließen vermuten, dass der spätsommerliche Rückgang der Covid-19-Fälle zumindest teilweise darauf zurückzuführen war, dass ein Großteil der Bevölkerung dem Virus bereits ausgesetzt gewesen war – und nun immun ist.

»Wir konnten zeigen, dass sich wirklich viele Menschen infizierten hatten«, sagt Sabino. »Am Ende der ersten Welle waren es 66 Prozent.« Aus der hohen Infektionsrate schlossen Sabino und ihr Team, dass die Zahl der noch nicht Infizierten zu gering war für eine größere zweite Welle – genau wie es das Konzept der Herdenimmunität beschreibt. Eine weitere Forschergruppe aus Brasilien kam zu einer vergleichbaren Schlussfolgerung. Ganz ähnliche Berichte gibt es zudem aus den italienischen Regionen, die zu Beginn der Pandemie besonders stark betroffen waren; auch hier fanden Experten Hinweise auf eine einsetzende Herdenimmunität.

Improvisierter Friedhof für Corona-Opfer in Manaus | Die Metropole am Amazonas zahlte einen hohen Preis für eine Herdenimmunität, die allem Anschein nach nur vorübergehend schützte – wenn überhaupt.

Für all jene, die die Herdenimmunität als erstrebenswertes Ziel zur Bekämpfung der Pandemie ansehen, liefern solche Nachrichten argumentative Munition. Die Idee dahinter ist simpel: Man lässt den Großteil der Gesellschaft zur Normalität zurückkehren und schützt gleichzeitig Risikogruppen. So könne man dem Coronavirus im Wesentlichen seinen Lauf lassen – bis die zu erwartende Herdenimmunität eintritt und die Pandemie beendet.

Doch viele Epidemiologen lehnen den Vorschlag entschieden ab. »Sich dem Virus zu ergeben« sei kein vertretbarer Plan, sagt Kristian Andersen, Immunologe am Scripps Research Institute in La Jolla, Kalifornien. Der Ansatz würde zu einem katastrophalen Verlust an Menschenleben führen, ohne dass die Gesellschaft automatisch schneller zur Normalität zurückkehren könnte. »Das hat noch nie funktioniert. Die Folge wären zahllose unnötige Todesfälle und unermessliches Leid.«

Wie entwickelt sich die Pandemie? Welche Varianten sind warum Besorgnis erregend? Und wie wirksam sind die verfügbaren Impfstoffe? Mehr zum Thema »Wie das Coronavirus die Welt verändert« finden Sie auf unserer Schwerpunktseite. Die weltweite Berichterstattung von »Scientific American«, »Spektrum der Wissenschaft« und anderen internationalen Ausgaben haben wir zudem auf einer Seite zusammengefasst.

Aller Kritik zum Trotz findet die Strategie der Herdenimmunität viel Zuspruch unter Politikern und Entscheidungsträgern, unter anderem in Schweden, Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Noch-US-Präsident Donald Trump äußerte sich im September positiv dazu, wobei er unabsichtlich von »Herdenmentalität« sprach.

Sogar eine Anzahl Wissenschaftler hat sich hinter diese Idee gestellt. So veröffentlichte ein libertärer Thinktank gemeinsam mit einer kleinen Forschergruppe Anfang Oktober die »Great Barrington Declaration«. Darin fordern die Autoren die Rückkehr zum normalen Leben für Menschen mit geringem Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19. Auf einer solchen Basis könne sich Sars-CoV-2 so weit ausbreiten, dass sich eine Herdenimmunität einstelle. Menschen mit hohem Risiko, wie etwa Senioren, könnten derweil – durch nicht weiter spezifizierte Maßnahmen – geschützt werden. Die Verfasser erhielten sogar eine Audienz im Weißen Haus und provozierten die schriftliche Erwiderung einer Gruppe von Forscherinnen und Forschern in »The Lancet«. Den Herdenimmunitätsansatz bezeichnen diese Kollegen als »gefährlichen Trugschluss«, der »nicht durch wissenschaftliche Belege untermauert ist«.

Allen Argumenten für die Strategie, das Virus ungebremst grassieren zu lassen, liegen zentrale Missverständnisse und Falschannahmen zu Grunde. Welche das sind, beantworten wir in den folgenden fünf Fragen zur Herdenimmunität.

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Was ist Herdenimmunität?

Eine Herdenimmunität tritt dann ein, wenn sich ein Virus nicht ausbreiten kann, weil es immer wieder auf Menschen trifft, die vor einer Infektion geschützt sind. Sobald ein ausreichender Anteil der Bevölkerung nicht mehr ansteckbar ist, versandet ein neuer Ausbruch schnell. »Nicht jeder in der Bevölkerung muss dafür immun sein«, sagt Caroline Buckee, Epidemiologin an der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston, Massachusetts. »Man braucht nur genügend Menschen mit Immunität.«

Normalerweise ist eine Herdenimmunität das erwünschte Resultat breit angelegter Impfprogramme. Wenn genügend Menschen eine Impfung bekommen haben, hilft das all jenen, die den Impfstoff nicht erhalten haben oder nicht ausreichend auf ihn ansprechen, wie zum Beispiel Menschen mit geschwächter Körperabwehr. Allerdings sei »Herdenschutz« der viel bessere Ausdruck, meint Buckee. Denn das Phänomen verleiht eigentlich keine Immunität gegen das Virus selbst – es verringert nur das Risiko, dass gefährdete Menschen mit dem Erreger in Kontakt kommen.

Dass nun, in Ermangelung einer Impfung, die Herdenimmunität selbst zum Werkzeug werden soll, ist dagegen ein Novum. »Ich bin etwas verwirrt darüber, dass man unter Herdenimmunität heute den Anteil der Menschen versteht, die infiziert werden müssen, damit die Sache aufhört«, sagt etwa Marcel Salathé, Epidemiologe an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne.

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Wie erreicht man sie?

Epidemiologen können den Anteil einer Population schätzen, der immun sein muss, damit eine Herdenimmunität eintritt. Der Schwellenwert hängt von der Basisreproduktionszahl R0 ab – der Anzahl der Fälle, die ein Infizierter im Schnitt in einer vollständig anfälligen und gut durchmischten Population ansteckt, erklärt Kin On Kwok, Fachmann für Infektionskrankheiten und mathematische Modellierung an der Chinesischen Universität Hongkong. Die Formel zur Berechnung der Schwelle zu einer Herdenimmunität lautet 1-1/R0. Das bedeutet: Der Anteil der Bevölkerung, der immun sein muss, ist umso höher, je mehr Menschen ein Infizierter in Durchschnitt ansteckt. Zum Beispiel sind Masern mit ihrem R0-Wert zwischen 12 und 18 so virulent, dass die Herdenimmunitätsschwelle bei 92 bis 94 Prozent der Bevölkerung liegt. Bei einem weniger infektiösen Virus (einem mit einer kleineren Reproduktionszahl) liegt die Schwelle niedriger.

Die Berechnung der Schwelle anhand von R0 geht allerdings von der Annahme aus, dass jeder Mensch für das Virus in gleichem Maße empfänglich ist. Doch die Verfügbarkeit der Wirte für das Virus ändert sich im Laufe der Epidemie, einfach weil sich Menschen infizieren und so eine Immunität erlangen. Deshalb nutzen Epidemiologen für ihre Berechnungen manchmal eine Variante von R0, die als effektive Reproduktionszahl (abgekürzt Rt oder Re) bezeichnet wird und die die Veränderungen der Anfälligkeit in der Bevölkerung berücksichtigt.

Solche Formeln suggerieren, dass es einen bestimmten Punkt gibt, ab dem schlagartig Herdenimmunität besteht, doch in der Realität ist das nicht der Fall. Man müsse es sich als graduellen Übergang vorstellen, sagt etwa Gypsyamber D'Souza, Epidemiologin an der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland. Und da sich Variablen wie R0 und die Zahl anfälliger Menschen ständig ändern, sei die Herdenimmunität auch kein gleichförmiger Zustand.

Und selbst wenn eine Population die Herdenimmunität erreicht hat, sind starke Ausbrüche noch immer möglich, beispielsweise in Regionen mit niedrigen Impfraten. »Wir sehen das in bestimmten Ländern, in denen Fehlinformationen über die Sicherheit von Impfstoffen verbreitet wurden«, sagt Salathé. »In lokalen Nischen nimmt die Zahl der Impfungen dann ab, was zu großen lokalen Ausbrüchen führen kann, auch wenn man technisch gesehen schon eine Herdenimmunität erreicht hat.« Am Ende sei das Ziel nicht, eine spezielle Zahl aus einem mathematischen Modell zu erreichen, sondern zu verhindern, dass Menschen erkranken.

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Ab wann erreicht man sie bei Sars-CoV-2?

Das Erreichen der Herdenimmunität hängt unter auch davon ab, wie sich die Bevölkerung verhält. »Berechnungen der Schwelle reagieren sehr empfindlich auf die R-Werte«, sagt Kwok. Im Juni schrieben Kwok und sein Team im »Journal of Infection« einen Leserbrief, in dem sie diese Aussage untermauern. Darin schätzen sie den Rt für mehr als 30 Länder auf der Grundlage von Daten über die tägliche Zahl neuer Covid-19-Fälle ab März. Und aus den Schätzwerten berechnen sie den Schwellenwert für die Herdenimmunität in der Bevölkerung des jeweiligen Landes. Die Ergebnisse reichen von 85 Prozent in Bahrain, das mit einem damaligen Rt von 6,64 die Liste anführte, bis zu einer Schwelle von gerade einmal 5,66 Prozent in Kuwait, wo der Rt nur 1,06 betrug. Die niedrigen Zahlen in Kuwait spiegeln die Tatsache wider, dass das Land zahlreiche Maßnahmen zur Eindämmung des Virus einführte, wie zum Beispiel lokale Ausgangssperren oder das Verbot kommerzieller Flüge aus vielen anderen Ländern. »Würde das Land diese Maßnahmen stoppen, würde die Herdenimmunitätsschwelle ansteigen«, sagt Kwok.

Bis zur Herdenimmunität »würden in den USA wahrscheinlich ein bis zwei Millionen Menschen sterben«Kristian Andersen, Immunologe vom Scripps Research Institute

Solche Berechnungen würden aber vielfach auf falschen Annahmen basieren, sagt dagegen Samuel Scarpino. Der Netzwerkexperte forscht an der Northeastern University in Boston, Massachusetts, zu Infektionskrankheiten. »In die meisten Berechnungen fließt das Verhalten überhaupt nicht ein. Sie gehen davon aus, dass es keine Interventionen und keine Verhaltensänderungen oder dergleichen gibt.« Das bedeute, dass vorübergehende Verhaltensänderungen (etwa Abstand halten) den Rt-Wert kurzfristig senken. »Normalisiert sich das Verhalten wieder, steigt aber auch die Herdenimmunitätsschwelle«, sagt Scarpino.

Aktuelle Schätzungen des Schwellenwertes für Sars-CoV-2 rangieren zwischen 10 und 70 Prozent, teilweise liegen sie sogar darüber. Die Werte am unteren Ende ergäben sich aus vermutlich fehlerhaften Annahmen über das Verhalten von Menschen innerhalb sozialer Netzwerke, sagt Scarpino. Die Schätzungen gehen zum Beispiel davon aus, dass Menschen mit vielen Kontakten sich als Erste anstecken und das Virus dann an viele andere weitergeben. Erlangen diese »Superspreader« Immunität, verringert sich die Zahl neuer Übertragungsketten deutlich unter denjenigen, die noch anfällig sind. »So kommt man rechnerisch sehr schnell an die Schwelle zur Herdenimmunität«, sagt Scarpino. »Stellt sich aber heraus, dass jeder Mensch zum Superspreader werden kann, dann treffen die Annahmen, die die Schätzungen auf 20 oder 30 Prozent senken, schlicht nicht zu.« Die Schwelle liegt also vermutlich eher bei 60 bis 70 Prozent, so wie es die meisten Modelle vorhersagen.

Schweden gilt als Musterland für die Befürworter der Herdenimmunität | Doch auch dort werden der Bevölkerung Maßnahmen zur Risikominimierung empfohlen. Der laxe Umgang mit der Pandemie während der ersten Welle hatte zudem eine deutlich höhere Übersterblichkeit als in den Nachbarländern zur Folge.

»Schaut man sich bekannte Superspreader-Ereignisse an, zum Beispiel in Gefängnissen oder auf Kreuzfahrtschiffen, scheint klar, dass sich Covid-19 in einer isolierten und nicht geimpften Population zuerst stark ausbreitet und sich dann verlangsamt«, sagt Andersen. Im San-Quentin-Staatsgefängnis in Kalifornien etwa hatten sich mehr als 60 Prozent der Insassen infiziert, bevor der Ausbruch gestoppt wurde. Er habe nicht einfach bei 30 Prozent wie durch Zauberei aufgehört, sagt Andersen.

»Die Forschung kann zwar abschätzen, wann Herdenimmunität erreicht ist«, sagt Caitlin Rivers, Epidemiologin am Johns Hopkins Center for Health Security in Baltimore, aber eine sichere Angabe bekomme man nur, wenn man die Statistiken rückblickend betrachte, »unter Umständen erst zehn Jahre nachdem die Daten erhoben wurden«. Echtzeitwerte könne die Forschung nicht nennen.

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Funktioniert Herdenimmunität als Strategie?

Selbst wenn sie funktionieren würde, halten viele Forscher die Strategie der Herdimmunität für eine ausgemacht schlechte Idee. »Herdenimmunität durch gezielte Infektionen erreichen zu wollen, ist einfach nur aberwitzig«, sagt Andersen. »In den USA würden dabei wahrscheinlich ein bis zwei Millionen Menschen sterben.«

In Manaus waren die Sterblichkeitsraten in der ersten Maiwoche auf das Viereinhalbfache des Vorjahres geschnellt. Und aller Freude über die abnehmenden Fallzahlen im August zum Trotz scheinen sie inzwischen auch wieder zu klettern. »Es stimmt eben einfach nicht«, sagt Andersen, dass in Manaus Herdenimmunität erreicht worden sei. Abgesehen davon sind Todesfälle nur ein Teil der Gleichung. Wer an Covid-19 erkrankt, dem drohen mitunter schwer wiegende medizinische und finanzielle Konsequenzen. Viele, die formal als »geheilt« gelten, berichten von gesundheitlichen Spätfolgen. In Manaus haben sich mehr als 58 000 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert, entsprechend viel menschliches Leid muss es dort gegeben haben.

Zu Beginn der Pandemie berichteten einige Medien, Schweden verfolge eine Herdenimmunitätsstrategie, da das Land seine Bürger im Wesentlichen ihr normales Leben leben lasse. »Das ist ein Missverständnis«, schreibt Lena Hallengren, Schwedens Ministerin für Gesundheit und Soziales, in einer Erklärung gegenüber »Nature«. »Herdenimmunität ist eine mögliche Folge davon, wie sich die Ausbreitung des Virus entwickelt, egal ob in Schweden oder einem anderen Land.« Herdenimmunität sei aber »nicht Bestandteil unserer Strategie«. Der schwedische Ansatz nutze ähnliche Instrumente wie die meisten anderen Länder: »Wir fördern das Abstandhalten, schützen gefährdete Menschen, testen und betreiben Kontaktverfolgung, und wir stärken unser Gesundheitssystem, damit es die Pandemie verkraftet.« Trotzdem kann Schweden kaum als Erfolgsmodell gelten – Statistiken der Johns Hopkins University zeigen, dass das Land mehr als zehnmal so viele Covid-19-Todesfälle pro 100 000 Einwohner zu verzeichnen hat wie das benachbarte Norwegen (58,12 pro 100 000, verglichen mit 5,23 pro 100 000 in Norwegen). Und Schwedens Fallsterblichkeit, also der Anteil der Toten unter den bestätigten Infektionen, ist mindestens dreimal so hoch wie in Norwegen und Dänemark.

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Welche Hürden stehen ihr im Weg?

Das Konzept, eine Herdenimmunität durch Verbreitung eines Erregers in der Gesellschaft zu erreichen, beruht auf einer unbewiesenen Annahme: dass Menschen, die eine Infektion überleben, immun werden. Bei Sars-CoV-2 scheint die Infektion tatsächlich in gewissen Grenzen vor einer neuen Ansteckung zu schützen. Um zu verstehen, wie lange dieser Schutz anhält und wie verlässlich er ist, »müssten wir Infizierte jedoch über längere Zeit beobachten«, sagt Buckee. »Wir stehen da ganz am Anfang.«

Darüber hinaus lässt sich bislang nicht eindeutig ermitteln, ob jemand wirklich immun ist, sagt Rivers. Zwar könne man testen, ob Menschen Antikörper im Blut haben, die spezifisch für Sars-CoV-2 sind. Aber dann wisse man noch nicht, wie lange diese Immunität anhält. »Saisonale Coronaviren, die normale Erkältungen verursachen, erzeugen eine schwindende Immunität, die etwa ein Jahr anhält«, sagt Buckee. »Da scheint die Hypothese vernünftig, dass es sich bei Sars-CoV-2 ähnlich verhält.«

In den vergangenen Monaten gab es erste Berichte über Menschen, die sich nach einer überstandenen Infektion erneut mit Sars-CoV-2 infizierten. Wie häufig solche Reinfektionen vorkommen und ob sie weniger schwere Krankheitsverläufe hervorrufen, ist laut Andersen noch offen. »Wenn Infizierte innerhalb eines Jahres wieder anfällig werden, wird man nie eine Herdenimmunität erreichen«, sagt Rivers. Zumindest nicht durch natürliche Übertragung des Virus.

»Niemand kann zaubern«, sagt Andersen. »Wir müssen der Wirklichkeit ins Auge blicken: Auf natürlichem Übertragungsweg haben wir noch nie Herdenimmunität erreicht bei einem neu aufgetauchtem Virus.« Sars-CoV-2 werde da leider keine Ausnahme sein. Eine Impfung sei der einzige ethisch vertretbare Weg zur Herdenimmunität. Wie viele Menschen geimpft werden müssen – und wie oft – hängt ebenfalls von zahlreichen Faktoren ab, etwa davon, wie wirksam der Impfstoff ist und wie lange sein Schutz anhält.

Bei allem Frust und Ärger über soziale Distanzierung und Lockdowns – diese Mittel sind derzeit die besten, die wir haben. »Es ist nicht unvermeidlich, dass wir alle diese Infektion bekommen«, sagt D'Souza. Es gibt Grund zur Hoffnung. »Wenn wir es schaffen, die Risikominimierung so lange fortzusetzen, bis wir einen wirksamen Impfstoff haben, können wir damit auf jeden Fall Leben retten.«

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