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News: Hightech nach dem Vorbild der Natur

Die Natur macht es vor: In Zellen fuhrwerken winzige Vehikel herum, bilden deren Innenskelett oder ziehen während der Zellteilung die Chromosomen auseinander. Jetzt nutzten Forscher die Mikrotubuli als Nanoroboter, verpassten ihnen einen Leuchtstoff und kartierten so mikroskopisch kleine Oberflächenstrukturen.
So könnte der Blick durch das Mikroskop eines Materialprüfers in Zukunft aussehen: Myriaden mikroskopisch kleiner Leuchtpunkte wandern über eine Oberfläche, verschwinden in winzigen Löchern oder überwinden rauhe Unebenheiten. Jeder der Leuchtpunkte gehört zu einem ein paar Dutzend Nanometer großen Nanobots – natürlichen molekularen Maschinchen, die eigentlich als so genannte Mikrotubuli wichtige Aufgaben innerhalb von Zellen haben.

Diese Mikrotubuli bestehen aus dem Protein Tubulin, das sich – ähnlich wie die Ziegelsteine eines Schornsteins – zu kleinen Röhren zusammensetzt. Diese Hohlzylinder bauen das Zellskelett auf und trennen bei der Zellteilung die Tochterchromosomen, die auf die neu entstehenden Zellen aufgeteilt werden. Sie verfügen deshalb über Motorproteine, so genannte Kinesine, welche Substanzen entlang der Mikrotubuli transportieren.

Genau das umgekehrte Prinzip machten sich Henry Hess von der University of Washington und seine Kollegen zunutze. Sie versahen eine Oberfläche mit jenen Motorproteinen und beobachteten, wie sich Mikrotubuli entlang der Kinesine bewegten – und zwar vollkommen zufällig, also ohne bestimmtes Ziel.

Indem die Forscher die Mikrotubuli mit einem Fluoreszenzfarbstoff versahen, konnten sie diese Bewegungen unter dem Mikroskop verfolgen und fotografisch festhalten. Leichte Unebenheiten waren dabei kein Hindernis; da die Hohlzylinder aber starr sind, vermochten die Kinesine sie nicht über allzu steile Kanten zu hieven. Dieser Effekt ermöglicht somit eine topografische Kartierung der Oberfläche.

Außerdem können die Mikrotubuli in Regionen vordringen, die für den mikroskopischen Blick unerreichbar sind. Ist das Material transparent, können die kleinen Leuchtkörper somit in kleine Aushöhlungen verfolgt werden – und offenbar so beispielsweise das Ausmaß von Materialfehlern. Ein Leichtes wäre es zudem, die Nanobots so zu konditionieren, dass sie bestimmte Oberflächeneigenschaften erkennen. Auf diese Weise ließen sich Wasser anziehende von Wasser abstoßenden Regionen unterscheiden.

Wie lange es dauert, bis derlei Karten entstehen, hängt davon ab, wie viele solcher Nanobots über eine Oberfläche streifen. Bei einer Geschwindigkeit von rund 250 Nanometern pro Sekunde fotografierten die Forscher ihre Testoberfläche alle fünf Sekunden. Nach gut 40 Minuten hatten sie 500 Bilder, die – überlagert – eine detaillierte Oberflächenkarte ergaben.

Dabei waren mithilfe der Mikrotubuli Strukturen in der Größenordnung von 50 Nanometern sichtbar. Die Forscher wollen nun noch kleinere Nanobots herstellen und hoffen, bald eine Auflösung von einem Nanometer zu erreichen.

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