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News: Hilfreiche Gäste

Wir sind nicht allein. Unser Körper beherbergt Millionen von Bakterien, die sich insbesondere im Magen-Darm-Trakt häuslich eingerichtet haben. Die meisten davon gelten als harmlos, viele sind sogar durchaus nützlich - helfen sie doch bei unserer Verdauung und halten uns gefährliche Krankheitserreger vom Leibe. Doch die Gäste haben noch mehr auf Lager: Sie können auch das Ablesen bestimmter Gene der Darmzellen beeinflussen.
"Wir leben in einer von Mikroben beherrschten Welt", ist Jeffrey Gordon überzeugt. Der Wissenschaftler der School of Medicine der Washington University in St. Louis weist darauf hin, dass die Zahl der in unserem Körper lebenden Mikroorganismen wahrscheinlich der Zahl der eigenen Körperzellen entspricht. "Diese Organismen haben sich in Millionen von Jahren mit ihren Säuger-Wirten zusammen entwickelt. Während dieser Zeit wurden sie Meister der physiologischen Chemie – sie mussten Strategien entwickeln, um ihren eigenen Nährstoffbedarf sowie den ihrer Wirte zu befriedigen." Doch die kleinen Gäste warten nicht einfach darauf, dass sie von ihrem Wirt gefüttert werden, sie greifen vielmehr in das physiologische Geschehen ihrer Herberge aktiv ein, wie Gordon zusammen mit seinen Kollegen jetzt herausgefunden hat.

Für ihre Experimente zogen die Wissenschaftler Mäuse in einer keimfreien Umgebung auf, sodass diese keinerlei Bakterien in ihrem Inneren beherbergten. Dann beimpften sie die Tiere mit Bacteroides thetaiotaomicron, ein Bakterium, das häufig in Mäuse- und Menschendärmen lebt und genetisch leicht manipuliert werden kann. Mit Hilfe von DNA-Chips konnten sie feststellen, welche Gene der Darmzellen abgelesen werden. Gleichzeitig lokalisierten die Forscher mit einer spezifischen Methode (laser capture microdissection) die betroffen Darmzellen.

Es zeigte sich, dass Bacteroides thetaiotaomicron etliche Mausgene für wichtige Verdauungsfunktionen, wie die Aufnahme und Verarbeitung von Zuckern und Fetten, aktivierte. Weitere Gene, welche das Eindringen von Krankheitserregern in die Darmzellen verhindern, wurden von den Bakterien beeinflusst. Doch nicht nur das. Die Darmbewohner steuerten über die Wirtsgene auch die Verstoffwechslung giftiger Substanzen, die Bildung von Blutgefäßen oder die Entwicklung des Darmes nach der Geburt. Insbesondere drei Proteine produzierte der Mäusedarm, wenn er von den Bakterien besiedelt war: Co-Lipase zum Fettabbau, sprr2a (small proline-rich protein 2a) zur Abschottung der Darmschleimhaut und Angiogenin-3 zur Stimulation von Blutgefäßen. Ohne die Bakterien blieben die Gene für diese Proteine stumm.

"Wir waren erstaunt über die Breite der normalen Darmfunktionen, die von einer einzelnen Mikrobe beeinflusst wird", erinnert sich Lora Hooper von der Arbeitsgruppe. Und Gordon ergänzt: "Eines unserer Ergebnisse zeigt, dass Bakterien in der Lage sind, die Gene des Darms für den Abbau der Nahrung in einfachere Einheiten, die dann absorbiert werden können, zu regulieren." Damit hätten unsere Darmbewohner einen entscheidenden Einfluss nicht nur auf unsere Verdauung, sondern auf unsere Gesundheit überhaupt. "Es stellt sich die Frage, ob es Variationen der Darmflora einzelner Menschen gibt, und wie solche Unterschiede unseren Ernährungsstatus, unsere Gesundheit und unsere Anfälligkeit für verschiedene Krankheiten beeinflussen."

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