Himmelsdurchmusterung: Die größte Infrarotkarte unserer Galaxis
Rund 13 Jahre, 420 Beobachtungsnächte und 200 000 Einzelbilder waren nötig, um die bisher größte und detaillierteste Panoramakarte unseres Milchstraßensystems im Infraroten zu erstellen. Aufgenommen wurden sie mit dem 4,1-Meter-Teleskop VISTA, dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy, das sich auf dem Cerro Paranal in Chile befindet und von der Europäischen Südsternwarte ESO betrieben wird. Die Größe des abgebildeten Himmelsareals entspricht der 8600-fachen Fläche der Vollmondscheibe. Dennoch wurde nur ein Teil unserer Galaxis mit ihrer Scheibe aus Sternen, Staub- und Gaswolken aufgenommen.
Die Durchmusterung erfolgte im Rahmen des Programms VISTA Variables in the Vía Láctea (VVV), beziehungsweise seiner Fortsetzung VVV eXtended (VVVX). Die Beobachtungen begannen im Jahr 2010, endeten in der ersten Hälfte des Jahres 2023 und umfassten 420 Beobachtungsnächte. Durch die Aufnahmen im nahen Infraroten lässt sich das Innere vieler Gas- und Staubwolken erfassen, die im Visuellen nicht durchdrungen werden können. Zudem ist es möglich Objekte zu untersuchen, die zu kalt sind, um im sichtbaren Bereich genug Strahlung abzugeben – wie Braune Zwerge oder oder freifliegende Planeten (englisch: rogue planets). Daneben wurden mit VISTA aber auch sehr alte Kugelsternhaufen erfasst. Insgesamt enthalten die Karten 1,5 Milliarden Objekte.
Da jedes Himmelsgebiet im Verlauf des Programms mehrfach abgebildet wurde, lassen sich zeitliche Veränderungen der Quellen feststellen. So fanden sich bei weiteren Untersuchungen der Bilddaten tausende Sterne mit variabler Helligkeit, wie Cepheiden oder Bedeckungsveränderliche. Auch konnten so genannte Hyperschnellläufer identifiziert werden, Sterne, die so schnell unterwegs sind, dass sie unsere Galaxis eines Tages verlassen werden. Aus den Positionen der Himmelsobjekte lässt sich außerdem auf die dreidimensionale Struktur unseres Milchstraßensystems schließen, inklusive der Regionen, die durch dichte Staubwolken verhüllt sind.
Bei der Durchmusterung fiel eine Datenmenge von etwa 500 Terabyte an, was etwa 750 000 CD-ROM-Scheiben entsprechen würde. Sie ist somit viel zu groß, um einfach heruntergeladen werden zu können. Um die Himmelskarte dennoch leicht zugänglich zu machen, hat die ESO eine Datenbank eingerichtet, über die sich Ausschnitte der Karte anschauen und herunterladen lassen: ESO Science Portal. Dort finden sich auch alle anderen Bilder und Messdaten, die mit den Teleskopen der ESO aufgenommen wurden.
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