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Denkapparat: Hirn arbeitet energieeffizient

Hirn in Seitansicht
Unser Gehirn benötigt sehr viel Energie zum Arbeiten, nutzt sie jedoch sehr effektiv, wie Forscher vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt mit ihren Kollegen nun entdeckt haben: Die elektrischen Signale im Säugerhirn, die der Fortleitung von Information dienen, verbrauchen für diese sogenannten Aktionspotenziale etwa drei Mal weniger Energie, als bisher auf Grund verschiedener Arbeiten am Tintenfisch angenommen wurde.

Während dieser pro Aktionspotenzial vier Mal so viel Energie wie theoretisch notwendig umsetzt, ist es bei Säugern lediglich 1,3 Mal mehr, berichtet nun das Team um Henrik Alle. Dieses Aktionspotenzial entsteht, wenn elektrisch geladene Atome in den Zellen ein- und ausströmen. Dabei gelangen positiv geladene Natriumionen durch Proteine in der Zellmembran in die Nervenzelle und laden das ursprünglich elektrisch negative Zellinnere positiv auf. Ebenfalls positiv geladene Kaliumionen fließen dagegen durch Kaliumkanäle aus dem Zellinnern nach außen und lassen die Nervenzelle wieder negativ werden.

Kopfarbeit | Nervenzelle aus der Hirnrinde einer Ratte mit unmyelinisiertem Axon. Aktionspotenziale (AP) laufen entlang des dünnen Zellfortsatzes (Axon, weiße Pfeile) und können dort mit einer Messelektrode gemessen werden (links oben). Überlagerte Kurven Bildmitte: Ein Aktionspotenzial (weiß) beruht auf einem Natriumeinstrom (INa, rot) und einem Kaliumausstrom (IK, blau). Die zeitliche Überlappung der beiden Ströme (gelbe Fläche) bestimmt die Energieeffizienz: Je kleiner der Anteil der gelben an der rot umrandeten Fläche (Gesamtmenge der einströmenden Natriumionen) ist, desto höher ist die Effizienz.
Um nach einem Aktionspotenzial die ursprüngliche Ionenverteilung wieder herzustellen, müssen Natriumionen aus der Zelle hinaus und Kaliumionen hinein gepumpt werden, was je nach Menge entsprechend Energie verbraucht. Bei ihrer Untersuchung dieser Ionenströme in den Axonen des Hippocampus von Ratten, entdeckten die Forscher, dass die Ionenströme energiesparend zusammenspielen: Der Einstrom von Natrium und der Ausstrom von Kalium überlappen sich zeitlich nur wenig, weil sich Natrium- und Kaliumkanäle exakt abgestimmt öffnen und schließen. Deshalb fließt zumindest in den Computersimulationen nur 1,3 Mal mehr Natrium in die Zelle als theoretisch notwendig – ansonsten müsste die Zelle deutlich mehr Energie für das Zurückpumpen einsetzen, wenn viele Ionen gleichzeitig fließen würden, ohne dass es einen elektrischen Nettoeffekt gibt.

Entscheidend für einen niedrigen Energieverbrauch sei deshalb, dass der Natriumeinstrom möglichst wieder gedrosselt wird, bevor die ausströmenden Kaliumionen die positivierende Wirkung aufheben, so Alle. Die Forscher schätzen, dass die Signalübertragung an den Synapsen etwa sechs Mal so viel Energie wie die Signalfortleitung mittels Aktionspotenzialen zu den Kontaktstellen hin erfordert.

Möglicherweise habe diese Effizienz dazu beigetragen, dass sich komplexe Gehirne wie die der Säuger entwickeln konnten, vermutet Alle. Denn das menschliche Gehirn ist im Vergleich zu vielen anderen Organen ein Energiefresser: Obwohl es beim Erwachsenen nur etwa zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, ist es für fast ein Fünftel des körperlichen Energieverbrauchs verantwortlich, wobei unser Denkapparat rund 50 Prozent mehr Energie pro Zeit benötigt wie das Herz. Ohne den jetzt entdeckten Effizienzmechanismus wäre der Bedarf noch höher. (mpg)
  • Quellen
Alle, H. et al.: Energy-Efficient Action Potentials in Hippocampal Mossy Fibers. In: Science 325, S. 1405–1408, 2009.

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