Quanteneffekt: Holografisches Helium ähnelt Schwarzen Löchern
Manche Theoretiker vermuten, dass das Universum "holografisch" ist – also seine gesamte Information an seiner Oberfläche trägt. Ursprung dieser Idee ist eine bizarre Eigenschaft Schwarzer Löcher: Ihre Entropie hängt nicht von ihrem Volumen ab, sondern von ihrer Oberfläche. Eine kanadische Arbeitsgruppe hat diese Besonderheit, das so genannte Flächengesetz der Entropie, jetzt auch bei gewöhnlicher Materie aufgespürt: bei ultrakaltem, supraflüssigem Helium, das man im Labor erzeugen kann.
Das Flächengesetz ist deswegen so erstaunlich, weil Entropie eigentlich untrennbar mit dem Raum verknüpft ist. Sie beschreibt die Anzahl möglicher Zustände – zum Beispiel eben in einem Klumpen Helium. Wenn der Klumpen doppelt so groß ist, würde man darin auch doppelt so viele mögliche Zustände erwarten. Bei Schwarzen Löchern aber gilt das nach Ansicht der meisten Fachleute nicht. Dort steigt die Entropie nicht mit dem Volumen, sondern – viel langsamer – mit der Oberfläche. Ein Team um den Physiker Christopher Herdman von der University of Waterloo in Kanada hat nun diese Eigenschaft auch in supraflüssigem Helium gefunden.
Die Arbeitsgruppe simulierte das Isotop Helium-4 bei Temperaturen unterhalb von zwei Kelvin. Bei dieser Kälte wird der Stoff supraflüssig: Die Heliumatome nehmen einen gemeinsamen Quantenzustand ein, ihre innere Reibung verschwindet, und sie leiten Wärme fast perfekt. In seinem Computermodell verfolgte Herdman die Verschränkung der Atome und die daraus resultierende Entropie innerhalb imaginärer Kugelschalen verschiedener Größe. Dabei zeigte sich beim Vergleich der Entropien innerhalb verschieden großer Bereiche das von Schwarzen Löchern bekannte Flächengesetz.
Das Flächengesetz der Entropie hat für die moderne Kosmologie entscheidende Bedeutung. Eine Entdeckung bei Schwarzen Löchern führte zur Hypothese des holografischen Universums, nach dem die gesamte Information innerhalb eines Raumbereichs – und damit auch des gesamten Universums – auf seiner Oberfläche abgebildet werden kann. Dieser Ansatz gilt als einer der aussichtsreichsten Versuche, die Gravitation mit der eigentlich inkompatiblen Quantenmechanik zusammenzubringen.
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