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News: Hornhaut aus dem Reagenzglas

Für wissenschaftliche Untersuchungen und Toxizitätstests wird sie benötigt, doch meist sind dafür keine ausreichenden Mengen vorhanden: die Hornhaut menschlicher Augen. Nun haben kanadische Forscher das erste funktionierende Äquivalent dazu im Labor entwickelt. Vielleicht könnte dies ein wichtiger Schritt zur Entwicklung künstlicher Hornhauttransplantate sein.
Ist die Hornhaut (Cornea) eines Menschen – die feste aber durchsichtige Zellschicht, die das Innere des Auges schützt – beschädigt oder getrübt, wird üblicherweise gesundes Gewebe eines Spenders transplantiert. Der Bedarf an Hornhaut-Spenden ist aber meist vom Angebot kaum zu decken. Daher bleibt für wissenschaftliche Zwecke wenig Material übrig. Die Forscher, die sich zum Beispiel mit der Wundheilung bei der Cornea oder Augenkrankheiten befassen, haben das Nachsehen. Es wird auch zum Problem, vorgeschriebene Arzneimitteltests durchzuführen.

Die Zellbiologin May Griffith vom University of Ottawa Eye Institute und ihre Kollegen wollten durch Untersuchungen des Wachstums von Hornhaut herausfinden, warum es in einigen Fällen zu keiner zufriedenstellenden Abheilung nach Laseroperationen kommt. Doch die wenigen menschlichen Corneas, die sie von der Organbank erhalten konnten, waren meist entweder alt oder beschädigt. Aus diesem Grunde steckten sich die Wissenschaftler zunächst ein neues Ziel: Sie wollten eigene Hornhaut züchten.

Eine Cornea besteht aus einer äußeren Schicht aus epithelialen Zellen, einer mittlere Schicht aus Keratozyten und einer Innenschicht aus Endothel-Zellen. Die Wissenschaftler der University of Ottawa beschafften sich zunächst einen Vorrat aller drei Zelltypen, indem sie den jeweiligen Zellen durch Einfügen viraler Gene ein unbeschränktes Wachstum im Labor ermöglichten. Danach züchteten sie dünne Schichten von Endothel-Zellen in Petrischalen und bedeckten diese mit einer Mischung aus Keratozyten und unterstützenden Kollagenproteinen. Als abschließende Schicht wurden Epithel-Zellen zugefügt. Nach zwei Wochen waren die Wissenschaftler im Besitz eines transparenten Gewebes, welches im Verhalten stark einer menschlichen Cornea ähnelte (Science vom 10. Dezember 1999).

Nach Aussage der Forscher trübt sich die künstliche Hornhaut in Reaktion auf bestimmte Detergenzien in etwa dem gleichen Maße wie menschliche Cornea oder die von Kaninchen. Für Transplantationen kann sie aber noch lange nicht in Betracht gezogen werden. Zum einen ist bisher nicht geklärt, ob die viralen Gene eventuell krebserregend auf die Zellen wirken könnten. Außerdem muß untersucht werden, inwieweit die künstliche Hornhaut eine Abstoßungsreaktion des Immunsystems auslöst und ob die gezüchtete Cornea auch über längere Zeiträume hinweg transparent bleibt.

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