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News: Hüllen, die mehr können

Verbundwerkstoffe auf Kohlenstoffbasis sind aufgrund ihrer Festigkeit und ihres geringen Gewichts gern benutzte Materialien bei den Konstrukteuren von Flugzeugen, Autos und anderen Hightech-Gütern. In Zukunft könnten sie sogar noch beliebter werden, denn eine Technikerin hat eine faszinierende neue Eigenschaft der Verbundstoffe entdeckt: Sie können elektrischen Strom wie ein Halbleiter leiten.
"Das ist ein völlig neues 'Intelligenzniveau' in Baustoffen", sagte Deborah Chung, Professorin für Maschinenbau sowie Luft- und Raumfahrttechnik an der University at Buffalo. "Wir können nunmehr das Baumaterial selbst als den elektronischen Teil nutzen." Sie stellte ihre Forschungen am 4. März 1998 beim International Symposium on Smart Structures and Materials in San Diego vor.

Kohlenstoff-Verbundstoffe sind für ihre Haltbarkeit und ihr geringes Gewicht bekannt. Sie werden vor allem verwendet, um Flugzeugteile herzustellen sowie zunehmend für Fahrzeugteile, Brücken, Maschinen und Sportgeräte eingesetzt. Gegenwärtig werden optische oder elektronische Sensoren angewandt, um Formänderungen und Deformierungen zu erkennen. Man läßt sie hierzu in Kohlenstoff-Verbundstoffe ein, die zur Produktion von Flugzeugteilen dienen. Dieser Prozeß selbst kann das betreffende Bauteil bedeutend schwächen. "Außerdem", erklärte Chung, "können diese Geräte nur an bestimmten Stellen eingesetzt werden, jedoch nicht durchgängig im gesamten Bauteil."

Daher untersuchte sie das elektrische Verhalten von Kohlenstoff-Verbundstoffen, um die Erfassung von Beschädigungen zu verbessern. Sie konzentrierte sich darauf, wie Temperaturveränderungen in dem Material festgestellt werden können, wenn man den Baustoff selbst als Indikator verwendet. Dabei entdeckte sie, daß sich auch die elektrischen Eigenschaften des Verbundstoffes mit der Temperatur veränderten.

"Dies deutet typischerweise auf einen Halbleiter hin", erklärte sie. "Doch noch ungewöhnlicher bei diesem speziellen Material ist, daß es in der einer Richtung die Eigenschaften eines Halbleiters aufwies, in einer anderen Richtung aber metallisch erschien. Normalerweise ist ein Halbleiter wie beispielsweise Silizium in allen Richtungen ein Halbleiter." Der Vorteil, Metall und Halbleiter in einem Material zu haben, liegt darin, daß die metallischen Eigenschaften für den Verbundstoff ein System eingebauter elektrischer Kontakte und Leitungen bieten, an die ein Meßgerät angeschlossen werden kann.

Nutzt man die Fasern als Leiter und placiert zwischen die Faserschichten einen Isolator, bildet sich Chung zufolge außerdem ein großer Kondensator, so daß ein gesamtes Flugzeug- oder Autoteil, das aus dem Verbundstoff besteht, Energie speichern kann. Ein elektronisches Baumaterial würde somit ein außergewöhnliches Potential zur Energiespeicherung haben. Dadurch könne ein Flugzeugteil wie eine gewaltige Solarzelle fungieren. Auch wären Solarautos leichter realisierbar, da die gesamte Karosseriebeplankung, bestehend aus Kohlenstoffverbundstoffen, Energie speichern könnte. Selbst so exotische Dinge wie Computer ohne Chips wären im Prinzip möglich.

Chung plant, sich auf die Entwicklung optoelektronischer und elektronischer Geräte zu konzentrieren, die aus dem Verbundstoff hergestellt werden. Sie hat ihre Erfindung bereits zum Patent angemeldet.

Die neuen Halbleiterstoffe werden aus Kohlenstoff-Graphitfasern hergestellt, die in eine Polymer-Matrix eingelassen sind. Ihre Produktion wäre einfacher und kostengünstiger als bei der auf Siliziumbasis beruhenden Elektronik. Die neuen Halbleiter würden elektronische Fähigkeiten über viel größere Oberflächenbereiche verteilen, und daher wäre die Wärmeleitung – heute eine der großen Herausforderungen für alle Schaltkreisgehäuse – kein Problem mehr.

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